Donnerstag, 28. Januar 2016

Bernstorf, Museum, Social Media

In diesem Eintrag soll es wieder um Bernstorf gehen. Ich will einen „Social Media Abend“ erwähnen und schließlich noch auf ein paar passende MOOCs hinweisen.

Ich beginne mit „ #Ausgegraben – Social Media Abend zur Sonderausstellung 'Ausgegraben. Harburg archäologisch.' “ Dieser Social-Media-Abend findet schon am nächsten Montag statt und vielleicht liest hier jemand mit, der die Möglichkeit hat hin zu gehen.

Zu Bernstorf war mein letzter Stand derjenige aus der Kontrovers-Sendung vom 2.12.2015. Die Sendung hatte ich in Bernstorf: „Fälschungsverdacht besteht weiter“ verlinkt und ist unter der dort angegebenen Adresse noch zugreifbar. Nun gab es am 22.1.2016 einen längeren Beitrag von Alexander Binsteiner in Archäologie Online unter dem Titel: „Fälschungsverdacht in Bernstorf – Die Fortsetzung“. Im vorderen Teil nichts Neues gegenüber dem Kontrovers-Beitrag von Anfang Dezember. Also daß es in dieser Angelegenheit schon Ergebnisse gibt/geben müsste, die nicht veröffentlicht werden, und eine Veröffentlichung erst Ende 2016 vorgesehen ist. Weiter hinten im Text von Alexander Binsteiner die für mich neue Aussage, daß Prof. Rupert Gebhard „im Geheimen“ mit Prof. Rüdiger Krause eine wissenschaftliche Publikation plant, mit der „der Verdacht, der schwer auf dem Münchner Museum lastet, mit einem Schlag ausgeräumt werden“ soll.

Beim Nachsuchen finde ich einen Beitrag der Süddeutschen Zeitung vom 28. Dezember 2015. Wegen dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger will ich den nicht verlinken. Der Beitrag der Süddeutschen Zeitung beruft sich auf Prof. Rüdiger Krause. Die Analysen der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin zur Echtheit des Goldes lägen noch nicht vor. Und es sei eine eigene umfangreiche Publikation geplant und die Ergebnisse der Bundesanstalt sollen gemeinsam mit „Ergebnissen eigener Recherchen“ „voraussichtlich Ende 2016“ veröffentlicht werden. Im SZ-Beitrag wurde nicht nach den Ergebnissen der englischen Bernstein-Expertin gefragt, die seit letztem Sommer vorliegen sollen.

Auf der Website der Archäologischen Staatssammlung hat sich aktuell nichts in Sachen Bernstorf getan. Die neue Sonderausstellung „Archäologische Staatssammlung - Vergangenheit und Zukunft“ wird morgen eröffnet, das wird die letzte Sonderausstellung vor der Generalsanierung sein. Beim Bronzezeit Bayern Museum gibt es unter „Aktuelles“ die Neuigkeit, daß man in Kürze über die Grabungskampagne 2015 informieren will. Das ist doch eine schöne Nachricht für diejenigen, die an der Sache interessiert sind.

Nun abschließend zu den MOOCs. Ich hatte im letzten Eintrag im Zusammenhang mit den „Zeitschichten“ die Full-Stack-Specialization erwähnt. Ich will jetzt nicht in eine vielen Bloglesern unbekannte Begriffswelt verfallen, aber ich war in dieser anderen Welt in den letzten beiden Jahren an Diskussionen über Einzelthemen der Specialization beteiligt und das Problem bei den Diskussionen war eigentlich immer schnell, daß keiner das Wissen über die ganzen neuen Sachen im Gesamtzusammenhang hatte. Ich weiß jetzt nicht, ob die Social Media Marketing Specialization so etwas Vergleichbares für die Social-Media-Welt liefert. Aber wenn die Specialization gut ist und man sich interessiert, dann sollte diese Investition angesichts des Medienwandels doch ganz lohnend sein können.

Die Coursera-Specializations bestehen jeweils aus mehreren Kursen. Die zahlenden Teilnehmer können/sollten zudem die Kurse der Specialization mit einem Capstone-Projekt abschließen. Einen leichtgewichtigeren Einblick vermitteln einzelne Kurse bei Futurelearn: „Behind the Scenes at the 21st Century Museum“ und „Transmedia Storytelling“. Beide Kurse haben schon in der letzten Woche angefangen. Unter „Transmedia Storytelling“ werden sich viele nicht so viel vorstellen können. Am nächsten Montag wird beim Social-Media-Abend aber alles schon beisammen sein: Social Media, Museum, und von der Ausstellung „Ausgegraben. Harburg archäologisch.“ wird mit unterschiedlichen Medien erzählt. Wenn ich mal wieder zu Grabhügeln radele und nur hier im Blog davon erzähle, dann ist das nicht so ein gutes Storytelling wie das von Rainer Steinke, der schon während seiner Tour in verschiedenen Social Media etwas zu den Sachen postet, die er dann im Blog bringt.

MOOCs zu archäologischen Themen gibt es natürlich auch noch, die man empfehlen könnte. Ich mag jetzt nicht die einzelnen Anbieter absuchen und nur bei Futurelearn nachsehen: nächste Woche starten die MOOCs „Shipwrecks and Submerged Worlds: Maritime Archaeology“ und Antiquities Trafficking and Art Crime.

Montag, 11. Januar 2016

Andere Welten oder andere Zeitschichten?

Kurz nach meinem letzten Eintrag wurden die darin angesprochenen Fahrzeug-Rückkanäle ein Thema: In „Die Zukunft ist HERE: Mobilität von morgen beginnt mit digitalen Echtzeit-Karten“ findet sich der Satz „HERE arbeitet nun daran, durch Millionen von Fahrzeugen und deren Sensoren zusätzliche Quellen einzubinden“. Mir scheint es gab nur verhaltene Resonanz, aber wohl durch die Consumer Electronics Show CES 2016 bedingt wurden jetzt dauernd neue Meldungen nachgelegt.

In meinem letzten Eintrag ging es mir letztendlich um die Aussage, daß ein fähiger Umgang mit Communitys eine wichtige Kompetenz darstellt. Die Nachricht „Autohersteller kaufen Kartenanbieter“ kam für mich als schlechtes Beispiel daher. Sie bedient alte Vorstellungen eines eher statischen Kartenangebots, bei dem die Nutzer nur als Kartenkäufer aktiv in Erscheinung treten. Diese Verkürzung findet sich nicht nur in Nachrichtensendungen, so reduziert werden auch ganze Artikel aufgezogen, in denen genügend Platz wäre um so wichtige Aspekte zumindest ansatzweise herauszuarbeiten. Aber vielleicht passt das zu den Fähigkeiten der Medien und vielleicht auch zur Belastbarkeit ihrer Kundschaft.

Für die Innovation und mithin für die Produkthersteller kann die fehlende Information eigentlich nicht gut sein. Denn es sind bei „Millionen von Fahrzeugen“ keine getrennten Welten, viele sind schon betroffen oder werden in Zukunft als Datenlieferanten betroffen sein. Ich will jetzt selbst aber auch nicht weiter in das Thema rein und mich versteigen. Wer neugierig geworden ist und sich interessiert: ich habe einen Artikel in der PC-Welt gefunden, der umfangreicher auf die die Datenquellen eingeht. Vom Deutschlandradio gibt es ein Here-Unternehmensporträt. Und aktuell kamen Meldungen, nach denen der Kartendienst Here die Fahrer um die Ecke gucken lassen will, in den USA eine Pflicht zur Vernetzung von Neuwagen geplant ist und in denen über die Datenschätze der Autohersteller im Vergleich mit den Google-Daten spekuliert wird. Ergänzend ein Blick auf ein anderes neues Google-Maps-Angebot aufgrund von Daten-Rückflüssen: Auswertung von Standort-Daten: Google Maps zeigt Geschäfts-Stoßzeiten und andere "beliebte Uhrzeiten".

Mein Interesse hat sich wie gesagt mehr auf die Communitys und den Umgang mit ihnen bezogen. Im letzten Eintrag hatte ich ehrenamtliche Helfer der MOOC-Plattformen erwähnt. Im vorliegenden Fall finden sich die Communitys durch den Kauf und die Nutzung passend eingestellter Smartphones und Kraftfahrzeuge zusammen. Vielleicht kann man für diese Verbindung mit den Communitys das Bild eigener gemeinsamer Welten bemühen, die jeweils in einer teils längeren Praxis aufgebaut und austariert worden sind und weiterhin austariert werden müssen (wenn man einzelne Beteiligte nicht einfach zu Zwangsabgaben verdonnert). Sicher hat Google bei diesem Austarieren schon sehr viel Erfahrung. Ein Beispiel ist das immer wieder mit ziemlich vielen Beteiligten notwendig gewordene und notwendig werdende Austarieren im Zusammenhang mit dem Smartphone-Betriebssystem Android. Noch ungewöhnlicher wirkt für mich das Zusammenspiel eines Sammelsuriums von Tools und Frameworks, das in der Coursera Full-Stack-Specialization gelehrt wird: die ganze Infrastruktur aus Tools und Frameworks ist aus unterschiedlichsten Quellen zusammengestückelt. Und unter denen arbeitet ein aus der Google-Quelle stammendes und unter MIT-Lizenz allgemein freigegebenes Web-Framework AngularJS (Kurs 3) beispielsweise einträchtig mit dem aus Twitter-Quelle stammenden Bootstrap (Kurs 2) zusammen.

Das in der Full-Stack-Specialization vorgestellte Ensemble ist für die Webentwicklung hochmodern, ein Großteil der Tools und Frameworks ist erst wenige Jahre alt. Verglichen mit den häufig seit mehr als 10 Jahren bekannten Komponentennamen der Alternativen könnte man an eine neue Zeitschicht denken, die sich über die alte Art zu entwickeln legt. So ist das aber nicht, die einzelnen Komponenten der Alternativen haben sich über die Jahre weiterentwickelt. Und die Leute von Alternative X werden sagen, daß bei den neuen Sachen viele Antworten auf bei Alternative Y aufgeworfene Fragen gefunden wurden, bei ihnen wären diese Antworten dagegen garnicht so nützlich. Also es bleibt spannend, welche Ansätze sich in welcher Form durchsetzen werden. Die ganz neuen Lösungen werden sicher eine Rolle spielen, und ich finde das Coursera-Angebot toll, weil man sie da im Zusammenspiel vorgeführt bekommt. Zu den Zeitschichten und den Medien noch: ich glaube manches lässt sich wirklich mit anderen Zeitschichten erklären, aus denen die klassischen Medien nicht herauskommen. Wegen der Fragmentierung der Mediennutzergruppen und der Vielzahl der alternativen Medien glaube ich an eine Lösung, die in der Full-Stack-Specialization verwendet wird: da gibt es weiterführende Links dahin, wo ein passendes Angebot vorhanden ist. Etwa auch auf diese Reflexion des Full-Stack-Entwicklers: The Myth of the Full-stack Developer.

Die Sichtweise mit den Zeitschichten habe ich aus einem Interview mit einem Historiker, in das ich vor ein paar Monaten hineingezappt bin. Der stellte da gerade fest, daß im Ersten Weltkrieg viele unterschiedliche Zeitschichten aufeinandergetroffen sind. Versinnbildlicht wurde das mit dem Foto eines Kavalleristen auf dem Pferd. Mit einer Lanze in der Hand, einem Gewehr auf dem Rücken und einer Gasmaske auf dem Gesicht. Man suche mal mit „Kavallerist Gasmaske“ in der Bildersuche. Im Interview ging es noch um Versprechungen an unterschiedliche Unabhängigkeitsbewegungen im Osmanischen Reich während des Krieges, und den späteren „Rückfall“ von Frankreich und England in die Zeitschicht des Kolonialismus.

Ich denke andere Welten sind normal und sinnvoll. Und unterschiedliche Zeitschichten sind auch normal, man kann sich nicht dauernd mit Erneuern beschäftigen. Es wird vielleicht sogar so sein, daß die deutsche Hochrüstung vor dem Ersten Weltkrieg mit modernen Schlachtschiffen noch viel blödsinniger war als Kavalleristen weiter mit Säbel oder Lanze herumreiten zu lassen. So gesehen kann man bei den anderen Welten und den Zeitschichten so endlos wie beim Blickwinkel „vernünftiges Fahrzeug“ diskutieren. Das funktioniert vielleicht nur sinnvoll in einem kleinen Rahmen. Was ist das vernünftigste Fahrzeug für einen Pizza- oder Pflegedienst? Und das Ergebnis sehen wir auf den Straßen herumfahren. Daß man mit Werten und Problemen der Leute aus den „anderen Welten“ manchmal nicht viel anfangen kann, ist auch normal. Und die oben angedeuteten Vernetzungen im Software-Bereich sind vielleicht gute Vorbilder, wie man bei Bedarf andere in eine gemeinsame Welt hineinziehen und gemeinsam etwas voran bringen kann.

Jetzt wollte ich mit dem Zeitschichten-Zusammenprall Spanier gegen süd- und mittelamerikanische Ureinwohner abschließen, muß aber zuvor noch schnell den gestern bei Telepolis erschienenen Artikel von Jan Sperhake über die Schlacht von Azincourt einschieben. Er erwähnt viele andere Welten und andere Zeitschichten-Beispiele, betrachtet das alles aber unter einem anderen Blickwinkel. Interessant ist, was man damals alles versucht hat zu verbieten, damit die für manche schöne Ritterwelt erhalten bleibt. Übrigens darf ich zum Heise-Verlag rüberlinken, ohne mir um das Leistungsschutzrecht für Presseverleger Gedanken machen zu müssen („Der Heise Zeitschriften Verlag und das Leistungsschutzrecht“).

Das Zusammenprall-Beispiel zwischen Spaniern und Ureinwohnern wurde mal in einem Fernsehfilm thematisiert, in den ich wie in das Historikerinterview hineingezappt bin. Aber diese Sendung kam schon vor ein paar Jahren. Man hat via an Skelettfunden aus Gräbern nachweisbaren Verletzungen und via spanischen Texten einen indianischen Angriff im ehemaligen Inka-Gebiet auf eine Siedlung rekonstruiert, der vor der Siedlung von Spaniern und herbeigeeilten verbündeten Indianern abgewehrt wurde. Die Aussage im Film war, daß hier üblicherweise die Kavallerie schnell die Entscheidung brachte, weil den Indianern zur Abwehr die jahrtausendelange Erfahrung der Armeen der alten Welt fehlte und sie zudem mit auf ihren auf Podesten herbeigetragenen Anführern gute Ziele für den Kavallerieangriff anboten.

Man könnte jetzt denken, daß die feindlich gesinnten Ureinwohner die überlegenen Kenntnisse und Hilfsmittel der Gegner respektiert und versucht hätten, sie sich auch zu eigen zu machen. Vielleicht irgendwelche Versuche, Helfer der Spanier aus anderen Stämmen zu bestechen oder mit eigenen eingeschleusten Leuten die Stärken der Gegner zu kopieren oder zu unterminieren. Aber vielleicht wäre es stattdessen der größte Horror für die Spanier-freundlichen Stämme gewesen, wieder unter die Inka-Herrschaft zu kommen, weil ihnen da per göttlicher Fügung nur ein Leben als Steineklopfer bevorstand oder so? Nun gab es Ende letzten Jahres einen Artikel aus der Welt der Azteken und ihrer Verbündeten, der diese Vermutung zu bestätigen scheint. Aus dem Artikel des Guardian: „Spanish conquistadors, women, children and horses were imprisoned for months, sacrificed and eaten by contemporaries of the Aztecs“. Also nix mit Überdruss an seinen Mitspaniern haben, ein paar Pferde mitnehmen, zu den Feinden reiten und denen alles beibringen und dafür kriegt man Gold und Edelsteine, Prinzessinnen oder Prinzen und wird als Gott verehrt. Nix ist, aufgegessen würde man mitsamt den Pferden.