Dienstag, 3. Dezember 2013

Pompeji in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung

Am 16. November waren wir in „Pompeji — Leben auf dem Vulkan“. Die Ausstellung in der Münchner Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung war am Tag zuvor für die Allgemeinheit geöffnet worden und soll dort noch bis zum 23. März 2014 zu sehen sein.

Im Kopf hatte ich noch die Bilder mehrerer Besuche von „Luxus und Dekadenz — Römisches Leben am Golf von Neapel“ 2009 in der Archäologischen Staatssammlung. Hinzu kam ein in der Zeit dieser Wanderausstellung häufig in Phoenix wiederholter Film über die römischen Luxusvillen am Golf von Neapel. Zuvor fanden 2006 ebenfalls in der Archäologischen Staatssammlung „Die letzten Stunden von Herculaneum“ statt. Und als „Vorspann“ gab es 1999 im Münchner Haus der Kunst die Ausstellung „Odysseus — Mythos und Erinnerung“, da spielten die Grotte des Tiberius bei Sperlonga und das Nymphäum des Kaisers Claudius in Baiae eine große Rolle.

Aber die schönen Sachen der alten Römern sieht man ja gern öfters. Eher hätte ich deshalb mit der Pompeji-Ausstellung noch warten können, weil ich etwas in ganz anderer Richtung befürchtete: eine Dramaturgie in der Art „Die letzten Tage von Pompeji“, etwas zum Verfall des heutigen Pompeji (ab und zu stürzt ja dort eine Mauer ein) oder ganz viele Hohlraum-Ausgüsse von Toten. Und das habe ich in dieser Novemberphase nicht gebraucht (jetzt geht es wieder, jetzt brauche ich nichts für den größer werdenden Dezemberstress). Aber ich ging mit und ich fand nichts Herunterziehendes in der Ausstellung. Sie ist „schön“, also so in der Art „Luxus und Dekadenz“ und „Odysseus — Mythos und Erinnerung“. Keine zusammengestürzten Orginalmauern in der Ausstellung, wenig Ausgüsse, und die in einem Raum konzentriert.

Die ausgestellten Mosaiken und Wandmalereien sind museal, also schon für die Ausstellung in Museen aufbereitet. Es wird hochrangigstes Kunsthandwerk gezeigt. Die Ausstellung wird auch Kunstausstellungsinteressierte ansprechen, die es nicht so mit den alten Römern haben. Hinsichtlich der Kunst will ich nicht über die Feinheiten spekulieren, etwa ob die räumlichen Voraussetzungen oder die Erfahrung mit Kunstausstellungen eine stärkere Rolle spielten, aber die Sammlung Gladiatorenhelme fand ich für archäologische Objekte fast schon zu eindrücklich. Die blieben in einem ebenfalls zum Gladiatoren-Thema gestalteten kleinen Raum der Luxus-Ausstellung einfach nur archäologische Ausstellungsstücke.

Eingangs der Pompeji-Ausstellung steht die Archäologie noch merklicher mit im Vordergrund. Da werden Zeugnisse früherer Vesuv-Ausbrüche gezeigt und die zeitliche Dimension spielt auch eine größere Rolle — man hat bronzezeitliche und eisenzeitliche Katastrophen nachweisen können. Auf der Website der Hypo-Kulturstiftung ist eine „Fußspur in der Ascheschicht eines vorgeschichtlichen Vesuvausbruches“ aus dem Eingangsbereich zu sehen. Aber schon dieser Eingangsbereich wird dominiert von „schönen“ kaiserzeitlichen Werken. Im ersten Raum etwa das wie ein Tafelbild gehängte „Mosaik mit der Darstellung eines Skeletts“ und das Bild „Bacchus und der Vesuv“ (beide sind ebenfalls auf der Website zu sehen).

Wie bildet man das „Leben auf dem Vulkan“ einer ganzen Stadt ab? Man interpretiert den Ausstellungstitel etwas frei und geht bei den ausgestellten Stücken sogar über Pompeji hinaus, zeigt also Ausstellungstücke aus der Region mit Schwerpunkt auf Pompeji. Und das Leben stellt man durch ausgewählte Beispiele dar. Also z.B. der erwähnte Raum mit Ausstellungsstücken aus einer Gladiatorenkaserne, ein Raum zum „Haus des Menander“. Auf dem Weg zum Haus des Menander ist ein Teilbereich des Raumes dem „Haus der arbeitenden Maler“ gewidmet. Später Gartenmalereien aus dem „Haus des Goldenen Armreifs“, ein Teil der Mosaikwand des Nymphäums von Massa Lubrense und Exponate aus dem Augusteum von Herculaneum.

Das „Haus der arbeitenden Maler“ ist wirklich nach den zur Zeit der Katastrophe in dem Haus arbeitenden Malern benannt. Da kann man den Malern in ihre Farbtöpfe sehen. Sonst ist wie gesagt unter den Ausstellungsstücken viel hochrangigstes Kunsthandwerk, welches sicher nicht so direkt etwas mit dem Leben auf dem Vulkan der Mehrzahl der Bevölkerung zu tun hatte. Sehr viel wird aber doch in Facetten, Texten, Zwischentönen mitgegeben. Das ist auch nicht neu, in der Luxus-Ausstellung konnte man eine eiserne Fußfessel sehen. Aber in der Pompeji-Ausstellung kam mir das Schema ausgeprägter vor.

Das „Haus des Menander“ bekam seinen Namen durch ein dort vorgefundenes Wandbild des griechischen Dichters Menander. In ihm lebte eine wohlhabende Familie mit Dienstpersonal. Im Text wird die Fundsituation der Toten im Haus beschrieben, mittelbar bekommt man also eine Vorstellung von den unterschiedlichen Schichten der Stadtbevölkerung. Ein Modell zeigt die Einbindung des Hauses in den lokalen Häuserblock mit zahlreichen wesentlich kleineren Einheiten (Läden, Wohnräume?). An der Wand ist ein großformatiges Foto von der Ausgrabung und ein eher schönes Bild vom heutigen Zustand mit Schutzdach (Bild „Peristyl im Haus des Menander“) zu sehen. Also man bekommt mittelbar mit, daß das heutige Pompeji nicht einfach so aus der Schale gepellt wurde, sondern auch ein neuzeitliches Produkt ist. (Aber es gäbe auch farblich trostlosere Bilder vom heutigen Pompeji, auf denen die Mauern nach abgenommenen Wandgemälden aussehen).

Zu den Gladiatorenhelmen ist in der Ausstellung zu lesen, daß es einen nicht lange zurückliegenden Gladiatorenaufstand gegeben hat und man alle Angriffswaffen nur in einem Raum fand. Was vermuten lässt, daß dieser Raum abgeschlossen und bewacht war. Bei einer kleinen technischen Facette in der Begrenzung vor dem angedeuteten Becken vor der „Mosaikwand des Nymphäums von Massa Lubrense“ bin ich eine Weile hängen geblieben. In einem verglasten Bereich kann man ein Stück Wasserverteiler mit Ventil aus Blei/Bronze sehen. Solche Ventile hatte ich nur aus Fernsehfilmen über die Nemi-Schiffe von Kaiser Caligula in der Erinnerung.

Also man kann außer über die schönen Dingen, die der kleine wohlhabende Teil der Bevölkerung besessen hat, auch manches über das „Leben auf dem Vulkan“ mitbekommen. Und gut, in meine Novemberstimmung hat das Abrücken in das Schöne und in Richtung Kunstausstellung gepasst. Ein anderer möglicher Kritikpunkt wären die ähnlichen Ausstellungen, die nur wenige Jahre zuvor in München stattgefunden haben. Die „Herme mit dem Portrait des Lucius Caecillus Felix“ habe ich im Katalog der Luxus-Ausstellung wiedergefunden, und im oben verlinkten Bericht von der Herculaneum-Ausstellung ist noch mehr Bekanntes zu sehen.

Fotografieren ist in der Pompeji-Ausstellung verboten, glaube ich. Ich habe gesehen, wie ein Aufseher einem klickenden Handy nachgejagt ist. In einem anderen Raum hat es einmal vom Personal unbemerkt neben mir geklickt. Wenn man an die vielen Leute mit Smartphone in der Hand in der U-Bahn denkt, muß man mittlerweile an einen Kampf gegen eingebaute Reflexe denken. Früher wären einem umständehalber nur handschriftliche Notizen in den Sinn gekommen (oder man hätte auf den Katalog gehofft). Heute gibt es einen digitalen Workflow. Man sortiert die Erinnerungsstücke zuhause geeignet mit dem größeren Rechner ein oder gibt sie gleich vom Smartphone mit einem Kommentar über das Mobilfunknetz weiter. Beim Vergleich von alten und neuen Medien sollte man immer dieses Umfeld miteinbeziehen.

Mich wundert deshalb das Festhalten an den klassischen gedruckten Ausstellungskatalogen. Es gibt sicher eine Idylle mit dem Katalog auf der Wohnzimmercouch. Man kann aber nur schlecht damit am PC arbeiten (selbst beim Spezialthema des Katalogs findet man manchmal schneller etwas im Internet, und man kann im Katalog nicht schnell ein paar Wörter markieren und danach im Internet suchen, man kann auch nicht einfach Textstellen für die Stoffsammlung übernehmen, sondern muß alles abtippen). Ich zweifle auch, ob sich eine zierliche ältere Dame beim häufig vertretenen Katalogtyp „dicke Schwarte“ so sehr nach der haptischen Erfahrung sehnt. Hinzu kommt, daß viele Erwerbstätige nur kleine Wohnungen haben und trotzdem wenig Ersparnisse, da müßte die Tendenz eigentlich später zu den noch kleineren Raumeinheiten um das Haus des Menander herum gehen. Flächendeckendes WLAN, ein Tablet-Computer und allgemein verfügbare Ausstellungsstücke in 3D würden dazu passen. Den Text dazu kann man sogar vergrößern und braucht keine Brille aufziehen. Als frisches Beispiel für so ein 3D-Projekt kann man sich einmal Smithsonian X 3D ansehen. Für die dort eingestellten Objekte braucht man einen WebGL-fähigen Browser, wobei WebGL ggf. im Browser eigens aktiviert werden muß.

Nach den Schätzen Pompejis und Herculaneums wurde schon im 18. Jahrhundert in größerem Umfang gegraben. Ein abschließender Raum widmet sich den Nachwirkungen der Funde. In Bayern sollte das von Ludwig I. in Auftrag gegebene Pompejanum bekannt sein, das nach dem Vorbild eines pompejanischen Hauses erbaut wurde. In der Ausstellung war die Büste Ludwigs von Bertel Thorvaldsen aufgestellt. Ich weiß zwar jetzt nicht, was die Büste mit Pompeji zu tun hatte, aber es war ein nettes Wiedersehen. Bertel Thorvaldsen hatte ich mit seiner Spes schon im Blog. Den erwähnten Klick neben mir gab es beim „Liebesmarkt“ nach einem Fresko in Stabiae. Das Motiv muß zeitweise ein ziemlicher Renner gewesen sein. Verständlich angesichts der langweiligen Engel, die uns jetzt wieder bevorstehen. In der Ausstellung war zu dem Motiv ein Bild, eine Vase und ein Tafelaufsatz zu sehen. Wir kannten das Motiv nur als „Amorettenverkäuferin“ von Joseph-Marie Vien. Im Web ist das Orginalbild via „woman selling cupids“ zu finden.

So einen abschließenden Blick auf die Nachwirkungen gab es auch schon häufiger. Travelwriticus etwa berichtet davon aus der Karlsruher Karthago-Ausstellung 2004. Ich finde solche Bezüge gut, ich glaube sogar man sollte das ausbauen, aber in angepasster Weise. Es wurde schon an anderer Stelle in einem Museumsleiter-Interview das Schwinden des Bildungsbürgers festgestellt, welches durch mehr Erklärungen ausgeglichen werden müsse. Die von Travelwriticus erwähnten Salammbô und Flaubert müßten also so rübergebracht werden, daß auch diejenigen in der Ausstellung stehen bleiben, die die beiden bislang nicht kannten. Anderseits wird es immer normaler, daß sich die Leute in höchster Geschwindigkeit in früher ungeahnte Informationsverästelungen bewegen. Das wird noch mehr werden, da ist kein Ende abzusehen. Es sollte eigentlich ein Netzcheck auf die Einstiegspunkte zu den Ausstellungsinhalten üblich werden. Was gibt es dazu im Internet? Könnte man nicht selbst etwas dazu reinstellen (wenn man nur um die Ecke herum eine wichtige weiterführende Information / ein Bild findet)? Kann man das, was im Netz frei verfügbar ist, auf einfache Weise an andere weitergeben (also damit über die Ausstellung kommunizieren)?

Die Ausstellung hat uns pro Person 12 Euro gekostet. Der Preis ist ok. Ich war vor ein paar Wochen in einem ähnlich teuren Kinofilm, an den ich mich weniger erinnern werde. Die Eintrittspreise zu den Ausstellungen damals in der Archäologischen Staatssammlung waren dagegen natürlich Schnäppchen. Aber man kann die Kosten der Pompeji-Ausstellung senken bzw. kostenlose Zugaben bekommen: halbe Eintrittspreise an Montagen, die nicht auf einen Feiertag fallen, kostenlose Themenführungen an manchen Dienstagen, wenn man ab 17 Uhr eine Karte bekommt, ein paar Vorträge, für die man kostenlos Karten bekommen kann, wenn man eine Eintrittskarte zur Ausstellung kauft. Es empfiehlt sich ein genauerer Blick auf die Website.

Nun noch ein Hinweis auf den kostenlosen Coursera-Online-Kurs Roman Architecture. Der Kurs startet im Januar 2014 und dauert 15 Wochen. Thema in der dritten Woche ist der „Lifestyles of the Rich and Famous: Houses and Villas at Pompeii“ und „Habitats at Herculaneum and Early Roman Interior Decoration“. In der Woche 4 geht es um „Special Subjects on Pompeian Walls“. Architekturfreaks mit viel Zeit können diesen Kurs mit dem ebenfalls im Januar startenden Blick auf die „Early Renaissance Architecture in Italy: from Alberti to Bramante“ ergänzen. Eine römische Villa kann man sich jetzt schon ausführlich im Internet ansehen. Die liegt zwar nicht im Pompeji, ist aber dafür kaiserlich: hier die Website des „Digital Hadrian's Villa Project“. Zum Einstieg sollte man sich das zugehörige Video ansehen. Eventuell nun verschnupften Katalogliebhabern kann ich in dem Zusammenhang auch noch etwas bieten: Phemios Aoidos hat über ein paar Katalogreisen geschrieben - also Reisen per gekauftem Katalog - und berichtete im August über seine Katalogreise zur Villa Adriana.

Donnerstag, 14. November 2013

Burg Grünwald

Letzten Sonntag vor drei Wochen waren wir in der Burg Grünwald. Burg und Burgmuseum befinden sich in einer Phase von Umbauten und in einer Neupositionierung. Beim unserem vorletzten Besuch wirkte die Ausstellung auf uns ein wenig wie ein Sammelsurium ohne rechten Fokus. Nun ist ein Fokus erkennbar - die „inhaltliche Neugestaltung der Dauerausstellung unter dem Motto "Burgen in Bayern"“ - aber die Ausstellungsinhalte sind noch dünn.

Beim vorletzten Besuch war schon ein Raum mit dem großen Modell der mittelalterlicher Burg eingerichtet. Daneben war noch einiges zu den Römern und zur jüngeren Geschichte der Grünwalder Burg da. Von letzterem hat mich das meiste nicht interessiert und den irgendwie motivierten Teil mit medizinischen Anschauungsmodellen wollte ich überhaupt nicht ansehen.

Isartal nördlich der Großhesseloher Brücke

Nun haben wir die Ausstellungsfläche verkleinert vorgefunden. Die verkleinerte Fläche ist teilweise noch frei von Ausstellungsobjekten. So wie ich mal gelesen habe, sollten aber zur alten Fläche sogar noch neue Räume hinzukommen. Der neue gestaltete große Eingangsbereich ist zumindest schon da. Wir haben da die letzten beiden Stücke Marmorkuchen erworben und uns an einen der neuen Tische im Innenhof gesetzt. Inzwischen ist Winterpause und das Museum soll in den Winterpausen weiter umgebaut werden. Also freuen uns mal auf nach und nach in Dienst gestellte und bestückte neue Räume.

Der Fokus auf die Burgen in Bayern bietet sich bei den Grünwalder Voraussetzungen an. Die Burgen sind zwar nicht mein bevorzugter Zeitbereich, aber das Museum haben wir dieses Mal in besserer Stimmung verlassen als beim vorletzten Besuch. Wenn man das alles gut umsetzt, dann könnten die Perspektiven doch auch ganz gut sein: ich wußte als Kind lange nicht was Römer und Kelten sind, hatte aber zwei Ritterburgen inklusive einer größeren Zahl Ritter in allen möglichen Kleinformaten. Also wenn das heute halbwegs noch so ist und man das Interesse auf den Münchner Großraum mit 2 Millionen Einwohnern hochrechnet...

Isartal südlich der Großhesseloher Brücke

Der Hang vor der mittelalterlichen Burg zur Isar hinunter ist mit der Zeit abgerutscht, so daß wichtige Teile der ursprünglichen Burg abgerissen werden mußten. Zudem gab es in den zurückliegenden Jahrhunderten Umbauten. Es gibt aber wohl Vorstellungen, wie die Burg in den verschiedenen Zeiten ausgesehen hat, und als ideale Ergänzung zum mittelalterlichen Burgmodell in der Ausstellung auch Führungen über das Gelände, mittels denen man die alte Burg besser vor dem inneren Auge entstehen lassen kann. An dieser Stelle zwei Links: den zu den Wanderschreibern hatte ich schon im Blog. Da geht es um ein Buch über „Burgen in und um München“. Der andere Link führt zu einem ganz frischen Beitrag im Burgerbe-Blog: „Wie sahen Burgen im Mittelalter aus? Virtuelle Modelle helfen weiter“. Da sollte man sich unbedingt mal die tollen Videos ansehen.

Bei dem neu in der Grünwalder Ausstellung Vorgefundenen hat mir eine Serie von drei Modellen besonders gefallen. In den Modellen werden typische Teile einer Höhenburg, einer Turmhügelburg (Motte, Hausberg) und einer Höhenbefestigung des 9./10. Jahrhunderts dargestellt. Die Höhenburg wird teilweise durch die Elemente der Spielzeugburgen abgedeckt, von Turmhügelburgen hatte ich in dem Alter genau so wenig Ahnung wie von Römern und Kelten. Es muß aber ein sehr häufig anzutreffender Burgentyp gewesen sein. Keltische Großgrabhügel wurden teilweise als Grundlage für Turmhügelburgen verwendet. Bei der Baumburg am archäologischen Heuneburg-Wanderweg wird von einem frühkeltischen Großgrabhügel ausgegangen, der im Hochmittelalter zu einer kleinen Burganlage umgestaltet wurde.

Isartal bei Pullach

Das Modell der Höhenbefestigung des 9./10. Jahrhunderts ähnelt etwas der Struktur der nahe Grünwald gelegenen Römerschanze und der Birg bei Hohenschäftlarn. Die heute sichtbaren großen Wälle werden in die Zeit der Ungarneinfälle datiert, bei der Birg sind noch die Reste von Reiter-Annäherungshindernissen erkennbar.

Eine Attraktion der Burg Grünwald ist ihr Turm. An den Tagen an denen ich hochklettere grundsätzlich ohne Alpenpanorama. Der Turm war zwischenzeitlich mal gesperrt, sieht aber holztreppenmäßig noch wie früher aus. Die Stufen erfordern eine gewisse Trittsicherheit, aber man kann sich am Geländer festhalten und langsam hoch- und runterbewegen. Für Schwindelspezialisten und Außeratemkommer: die einzelnen Treppenabschnitte führen schnell auf das nächste Stockwerk im Turm. Man muß beim Auf- und Abstieg nicht innerhalb des Turms ganz in die Tiefe blicken und man kann sich ausruhen, ohne daß welche auf der Treppe hinterherdrängeln.

Grünwalder Brücke

Das Mindestangebot oben ist ein toller Ausblick in das Isartal, an diesem Tag sogar in Herbstfarben. Die Dame an der Museumskasse konnte mir aber nicht sagen, ob ich die Fotos in das Internet einstellen darf. Vielleicht bin auch der einzige, der wegen den Fotos vom Turm frägt. Generell ist im Museum Fotografieren ohne Blitz erlaubt. Aber ob man die Fotos in das Internet einstellen darf, muß man die Archäologische Staatssammlung fragen. (Das Burgmuseum Grünwald ist ein Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung.) Ich habe stattdessen mehrere Fotos von einer Radtour auf der anderen Isarseite zwei Tage später hier eingestellt. Was für schöne Beiträge mit Fotos aus dem Museum zustande kommen können, dazu zwei aktuelle Beispiele vom „Tag der offenen Tür im Archäologiemuseum von Schloss Eggenberg“ im Blog von Hiltibold und „Salve! – Die lange Römer-Nacht im Braunschweigischen Landesmuseum“ im Kulturblog 38.

Die Grünwalder Burg war bei unserem Besuch ziemlich belebt. Vorab habe ich im Veranstaltungsticker auf der Website der Gemeinde Grünwald eine von der Volkshochschule veranstaltete Führung gefunden, die um 14 Uhr beginnen sollte. Vor Ort gab es eine weitere Führungsankündigung für 15 Uhr, von der ich auf keiner Website etwas mitbekommen habe. Die 15-Uhr-Führung haben wir bei unserem Marmorkuchen im Schlosshof gesehen, da ist eine größere Gruppe durch die Burg gezogen. Ich weiß nicht, ob die Gruppe über ein mir unbekanntes Medium oder aufgrund der Ankündigung vor Ort eingesammelt wurde. Es herrschten an dem Tag Sonderbedingungen: Sonntag, schönes Wetter, und das Burgmuseum war an einer Neuerung der vorausgehenden Langen Nacht der Münchner Museen beteiligt, nach der man mit der Karte am folgenden Sonntag einige Museen des Umlandes kostenlos besuchen konnte.

Burg Grünwald

Allgemein betrachtet sollte der Grünwalder Veranstaltungsticker eine Steigerung von Teilnehmerzahlen und Umsatz bringen. Es gibt sicher noch andere wünschenswerte Vorteile des Tickers - entsprechende Interessenten gehen hin und lernen sich kennen, die Grünwalder denken es wird etwas in Grünwald geboten usf. Aber man könnte zumindest ein wenig bei einfachen Kosten-Nutzen-Überlegungen bleiben, und daß gegebene Informationen direkt zu mehr Einnahmen führen können. Eventuell geht der Aufwand für die Information über die Volkshochschul-Führung durch die Burg „gegen Null“, um eine für die Informationsbereitstellung im Internet sehr verbreitete Formulierung zu übernehmen, wenn die Daten von der Volkhochschule automatisch in Tickerdaten umgewandelt werden könnten. Das „gegen Null“ gilt meistens dann, wenn man das Material dafür „schon hat“. Wenn man Zugriff auf die Volkhochschuldaten hat und deren Bedeutung hinsichtlich Grünwald für ein Computerprogramm eindeutig verständlich wäre, „dann hätte man die Daten“. Wenn es nur so realisiert werden kann, daß ein Mensch die Daten sichten und kopieren muß, dann sollten die Kosten nicht gegen Null gehen. Und man hat eine Ausrede dafür, daß man die Informationen nicht bringt - rentiert sich ja nicht bei dem Aufwand.

Hätte man die Daten von archäologischen Funden, Fundort und Verbleib des gefundenen Objekts, dann müßte man die Daten über die Denkmalnummer eindeutig und ohne menschliche Hilfe mit den Geo-Daten des BayernViewer-denkmal bzw. Bayern-Atlas verknüpfen können. Der Aufwand würde pro Verknüpfung gegen Null gehen. Lokale Funde werden wohl schon gern als Ausstellungsattraktion für ein lokales Publikum angesehen, im Gegensatz dazu ist es aber überraschend schwierig, ihren Verbleib zu recherchieren. Beispielsweise habe ich im Zusammenhang mit dem Heiligenbuck einen Hinweis auf ausgestellte Funde aus dem „kleinen Heiligenbuck“ in der Rastatter Ausstellung „Spuren früher Zeiten - Ärchaologische Funde in den Kreisen Rastatt und Baden-Baden von der Steinzeit bis in frühe Mittelalter“ gefunden. In dem Zusammenhang ist sogar das ausleihende Badische Landesmuseum angegeben. Aber sind diese Funde im Badischen Landesmuseum üblicherweise in der Dauerstellung zu sehen? Im Fall des Schicksals der originalen Gilchinger Meilensäule hilft einem keine offizielle Seite weiter, sondern die Information vor Ort. Wo die Funde aus dem Pullacher „Fürstengrab“ auf der gegenüber der Grünwalder Burg liegenden Pullacher Seite des Isartals geblieben sind? Keine Ahnung.

Burg Grünwald

Jetzt mecker ich noch ein bisschen weiter: die Sonderausstellung „Karfunkelstein und Seide - Neue Schätze aus Bayerns Frühzeit“ in der Archäologischen Staatssammlung fand ich toll - vorher wußte man über den Zeitraum nichts bzw. hatte Annahmen, nach denen man Gräber wie die in Unterhaching nicht vermutet hätte. Den Ausstellungskatalog / das Buch zur Ausstellung habe ich seinerzeit gekauft und auch ganz gut gefunden. Außer zu den Funden vermittelt das Buch auch Informationen darüber, auf welch verschiedenen Wegen man mittlerweile etwas herausfinden kann.

Aber nun gibt es von der Archäologischen Staatssammlung ein weiteres Buch zu dem Fund: „Unterhaching. Eine Grabgruppe der Zeit um 500 n. Chr. bei München.“ für 49 Euro. Aus dem Beschreibungstext der Archäologischen Staatssammlung ersehe ich nicht, ob es wichtige neue Erkenntnisse gibt, und wie die Stellung dieses neuen Buches gegenüber dem damaligen Begleitbuch ist. Nun ist es zwar normal, daß Museen keine Mitteilungen über spätere Veröffentlichungen zu ihren früheren Ausstellungen machen (warum eigentlich nicht?). Aber in dem Fall ist alles in einer Hand - die Funde gingen an die Archäologische Staatssammlung, bei ihr fand die Ausstellung statt und sie gibt nun diese Publikation heraus. Vielleicht wäre ein kurze frei zugängliche Zusammenfassung von wichtigen neuen Erkenntnissen unter Bezugnahme auf die damals im Begleitbuch und in der Ausstellung gemachten Aussagen fair gegenüber den damaligen Ausstellungsbesuchern und Buchkäufern?

Burg Grünwald

Wer jetzt auf der Website der Archäologischen Staatssammlung nachgesehen hat, wird feststellen, daß sich die Website gewandelt hat. Das muß irgendwann zwischen meinem Reinsehen vor dreieinhalb Wochen und letzter Woche passiert sein. Leider finde ich jetzt nur noch drei „Mitteilungen der Freunde der bayerischen Vor- und Frühgeschichte e.V.“. Wenn es so bleibt - und so wie ich die Archäologische Staatssammlung einschätze bleibt das so - finde ich das schlecht. Grottenschlecht sogar, weil es zu vielen Informationen in den Mitteilungen keine Alternativen im Netz gibt. In den Mitteilungen der Freunde der bayerischen Vor- und Frühgeschichte Nr. 32 gab es z.B. einen ausführlichen Text zum Gautinger Brandopferplatz. Der BayernViewer-denkmal hat zwar den Brandopferplatz drin, aber natürlich keinen Verweis auf gedruckte Literatur dazu (warum eigentlich nicht?). Man kann einem Verein nicht vorschreiben, daß er seine internen Mitteilungen veröffentlicht. Aber ziemlich viele der über hundert Mitteilungen waren ähnlich informativ wie die über den Gautinger Brandopferplatz und wurden nicht nur von mir verlinkt.

Frei zugängliche Texte und verknüpfbare Daten sind übrigens auch nicht nur von mir, sondern sogar „von oben“ gewollt. Siehe den Wikipedia-Artikel über die Europeana, das Video „Linked Open Data. Was ist das eigentlich?“ oder die Haltung der EU zu Open Access. Egal, wie das im einzelnen zu bewerten ist, es zeigt aus meiner Sicht hinsichtlich der Verfügbarkeit von Daten in die richtige Richtung. Und es zeigt auch einen Anspruch, mit der Entwicklung Schritt halten zu wollen.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Schloss Favorite

Schloss Favorite wurde 1710 bis 1730 gebaut, passt also zeitlich nicht zu meinem Blog-Bereich Graue Vorzeit bis Spätantike. Aber zwischen unseren Besuch des Heiligenbucks und unser Abendessen passte das Schloss sehr gut. Also bringe ich es für alle als Empfehlung, die in der Gegend nach Kelten- oder Römerzielen ebenfalls noch zweidrei Stündchen übrig haben.

Schloss Favorite

Die Städte Rastatt oder Baden-Baden, in die man auf den verschiedenen Wegen vom Heiligenbuck zum Schloss Favorite entweder hineinfährt oder die man tangiert, erfordern beide mehr Zeit. Bei der Anfahrt zum Schloss Favorite haben wir uns für die B36 in Richtung Rastatt entschieden, sind nach Rastatt hinein- und gut ausgeschildert in Richtung auf das Schloss wieder hinausgefahren.

Schloss Favorite

Bauherrin von Schloss Favorite war die Markgräfin Franziska Sibylla Augusta, die die Markgrafschaft Baden-Baden nach dem Tod ihres Mannes 20 Jahre lang regierte. Die Markgräfin war auch Bauherrin des Ettlinger Schlosses, das sie als Altersruhesitz verwendete. Das Ettlinger Schloss ist auf mehreren Fotos meines Ettlingen-Eintrages zu sehen, allerdings war das Schloss seinerzeit weitgehend verhängt.

Schloss Favorite

Das Residenzschloss der Markgräfin war nicht Favorite, sondern das etwa 5 km Fußweg in nordwestlicher Richtung entfernt gelegene Rastatter Schloss gewesen. Zum Bruchsaler Schloss, das ich vor einem Monat im Blog hatte, sind es vom Schloss Favorite aus für Google-Maps-Fußgänger nur 46,5 km. Dieses Schloss war seinerzeit Residenz des Fürstbistums Speyer. Und auf dem direkten Weg dahin hätte man die Markgrafschaft Baden-Durlach durchqueren müssen. Das auf dem Weg nach Bruchsal liegende Durlach war zeitweilig die Residenzstadt der Markgrafschaft Baden-Durlach.

Schloss Favorite

Alle genannten Residenzstädte wurden später Teil des Großherzogtums Baden mit der Landeshauptstadt Karlsruhe. Das Karlsruher Residenzschloss wurde für die Markgrafschaft Baden-Durlach erst etwa zur Zeit des Baus von Schloss Favorite gebaut. Fotos vom Karlsruher Schloss gibt es wegen den Ausstellungen im dortigen Badischen Landesmuseum jetzt schon zahlreich in meinem Blog. Die Stadt Durlach wurde 1938 in Karlsruhe eingemeindet und ist heute der größte Stadtteil von Karlsruhe.

Ente und Nutria im Schlosspark Favorite

Das Karlsruher Schloss ist wie das Bruchsaler Schloss im Krieg zerstört worden. Zum Schloss Favorite sehe ich in der Wikipedia nichts über Kriegszerstörungen. Stattdessen Aussagen wie „Schloss Favorite ist das älteste deutsche 'Porzellanschloss' und als einziges in der ursprünglichen Form erhalten geblieben. Bemerkenswert ist die reichhaltige Sammlung an chinesischem Porzellan und schwarzen Lackarbeiten, sowie dem Schwartz Porcelain“. Wir haben es im Schloss nur bis zur Kasse geschafft. Die Besichtigung ist nur im Rahmen einer Führung möglich und deren Zeitpunkt hätte nicht mehr zu unserem Abendessen gepasst.

Nutria im Schlosspark Favorite

Ich habe mich später mit einem älteren Freund der Familie über das Schloss Favorite unterhalten und der erinnerte sich an einen Besuch vor 30 Jahren und an ein „sehr schönes Konzert“ und „sehr schönes Porzellan“ und wollte gerne mal wieder das Schloss besuchen. Also wenn wir wieder vorbeikommen, dann versuchen wir auch an der Schlossführung teilzunehmen. Aktuell hatten wir vor allem den Park genossen, und ein Eis vom Schlosscafé Favorite direkt am großen kostenlosen Parkplatz. Der war unter der Woche ziemlich leer, und der Inhalt des einzigen Busses auf den bedrohlich vielen Busparkplätzen schien vom Schlosscafé absorbiert worden zu sein. Also es war sehr schön und sehr relaxed an dem Nachmittag dort.

Nutria am Walzbach in Weingarten

Außer an die Schlossführung werden wir auch daran denken müssen Gelbrüben/Karotten mitzunehmen. Das Tier neben der Ente in Bild 5 ist eine Nutria. Nach der Wikipedia ist das eine aus Südamerika stammende Nagetierart. In Deutschland soll keine starke Verbreitung stattfinden, weil den Tieren kein günstiges Klima geboten wird. „Manche Populationen brechen daher nach wenigen Jahren wieder zusammen.“ Nach der Wikipedia ist es aus Sicht der Wasserwirtschaft „positiv, dass Nutrias die ebenfalls eingebürgerten Bisamratten (welche erhebliche Schäden an den Wasserwegen verursachen) zurückdrängen, auch sind ihre Bestände gut kontrollierbar. Verbreitete Ansicht ist, dass es in Mitteleuropa keinen Grund gibt, sie grundsätzlich zu bekämpfen“.

Nutria am Walzbach in Weingarten

Wir hatten dieses Jahr bei einem Spaziergang am Walzbach im badischen Weingarten (so etwa 6 km Luftlinie vom Untergrombacher Michaelsberg entfernt) Nutrias kennengelernt und beim nächsten Spaziergang Karotten mitgenommen. Foto 7 und 8 stammt aus Weingarten. Mangels Gelbrübe/Karotte konnten wir die Nutria im Park von Schloss Favorite nicht zu einem längeren Fototermin überreden.

Samstag, 5. Oktober 2013

Der Heiligenbuck

Der Heiligenbuck gehört zu den Kategorien keltischer Großgrabhügel und „Fürstengrab“. Er befindet sich südlich von Hügelsheim direkt an der B36 zwischen der Einflugschneise des Flughafens Karlsruhe / Baden-Baden und der B36-Abfahrt zum Baden-Airpark. Das ist nahe des Rheins auf der östlichen Rheinseite etwa auf der Höhe von Baden-Baden. Von der Rheintalautobahn A5 ist der Grabhügel schnell zu erreichen: herunter an der Ausfahrt Baden-Baden, aber in die Gegenrichtung hin zur Staustufe Iffezheim. Die Straße zur Staustufe kreuzt die B36, auf die man in Richtung Hügelsheim und Baden-Airpark einbiegt.

Der keltische Grabhügel Heiligenbuck

Das Heiligenbuck soll schon antik beraubt worden sein. Der auf Bild 4 zu sehende Wagen ist eine zeichnerische Rekonstruktion aufgrund weniger Überbleibsel. Man glaubt aber aus dem wenigen Vorgefundenen auf eine Holzkammer mit typischer Fürstengrabausstattung mit Wagen, Trink- und Essgeschirr und eine Bestattung um 550 v.Chr. herum schließen zu können. Daß solche Großgrabhügel aufgrund ihrer auffälligen Erscheinung einen Namen bekommen haben, ist nicht ungewöhnlich. Das Gebiet um die Heuneburg kann eine kleine Liste davon aufbieten. Am bekanntesten dürfte dort wegen seiner Größe und den frühen Ausgrabungen der Hohmichele gewesen sein. Mittlerweile vermutlich in Konkurrenz mit dem Bettelbühl, dessen Name durch das im Bettelbühl-Gräberfeld gefundene „Fürstinnengrab“ immer wieder in die Medien gekommen ist.

Der keltische Grabhügel Heiligenbuck

Die Anführungszeichen habe ich um die Fürsten gesetzt, weil meines Wissens nach weder klar ist, wie die Fürstentümer der Toten ausgesehen haben, noch ob die Toten tatsächlich dessen Regenten gewesen sind. Vielleicht sind sie Bruder oder Schwester der Fürstin oder des Fürsten gewesen? Ich weiß auch nicht, ob man mittlerweile irgendeine Vorstellung von den Verhältnissen zwischen den bekannten keltischen Zentren hat. Also vielleicht stand das „Keltenfürstentum“ von Hochdorf / Hohenasperg, das durch das unberaubte Grab von Hochdorf ungleich bekannter als Hügelsheim wurde, früher sogar im Schatten von Hügelsheim?

Der keltische Grabhügel Heiligenbuck
Der keltische Grabhügel Heiligenbuck

Die Entfernungen zwischen den keltischen Zentren sind teilweise überraschend klein. Ich hatte für den Eintrag „Hohloh und Hohlohsee“ ein paar Entfernungen auf der Karte ausgemessen. Also wenn die Zentren gleichzeitig bestanden haben, hätte man abends in einer Bierlaune in Neuenbürg beschließen können, die Kelten bei Hügelsheim zu besuchen, und nach einem Marsch in der Vollmondnacht wäre man am anderen Morgen dort eingetroffen.

Hügelsheim, im Hintergrund der Nordschwarzwald

Ich glaube so eine Kleinräumigkeit ist kein Argument gegen unabhängige keltische Zentren und mögliche Streitereien zwischen ihnen. Ohne das jetzt weiter nachrecherchieren zu wollen, beziehen sich Gemälde in der Trinkhalle Baden-Baden auf einen Grafen, der mit seiner Burg auf der einen Seite des nördlich von Baden-Baden liegenden Murgtals in Auseinandersetzungen mit Ortschaften auf der anderen Talseite verwickelt war. Und das ist nur ein kleines Teilgebiet des Keltendreiecks Hügelsheim, Nagold und Neuenbürg.

Flugzeug beim Anflug auf den Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden
Flugzeug beim Anflug auf den Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden
Flugzeug beim Anflug auf den Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden

Eher finde ich rätselhaft, daß unabhängige Zentren so leicht zugänglich gewesen sind. Über den Rhein - ein Altrheinarm liegt noch näher als der heutige Rheinverlauf beim Grabhügel - wäre sogar eine schnelle Annäherung möglich, ohne daß eine möglicherweise dichte Bevölkerung im Umland mit Wachhunden viel davon mitbekommen würde. Also vielleicht gab es in der Zeit noch eine übergeordnete friedensstiftende Klammer.

Keltischer Grabhügel Heiligenbuck

Um 400 v.Chr. war es mit diesen möglicherweise friedlichen Zeiten aber vorbei. In dem Gebiet, wo später zwischen Murg- und Baden-Badener Oostal Burgen entstanden (an/auf dem Battert), soll es 400 v.Chr. eine umfangreiche keltische Befestigung gegeben haben. Das sind 150 Jahre nach dem Heiligenbuck-Begräbnis und mit Blick in Richtung Hügelsheim. Also wenn man Geschichte einfach so fortschreiben kann, dann ist man vielleicht vom Zentrum am Rhein/Rheinübergang zu einem neuen Zentrum auf dem Battert umgezogen und hat für die früheren Funktionen am Rhein nur noch Außenposten hinterlassen.

Keltischer Grabhügel Heiligenbuck

Der Heiligenbuck ist Teil eines Grabhügelfeldes. Etwa in der Zeit der Ausgrabung des Heiligenbucks ebenfalls ausgegraben wurde der „Kleine Heiligenbuck“. (So eine Namenskombination für benachbarte Grabhügel gibt es auch andernorts. Hier finden sich Aufnahmen in Richtung auf den „Kleinen Hohmichele“.) Der „Kleine Heiligenbuck“ sollte 800 m in südwestlicher Richtung vom großen Heiligenbuck verschwunden sein. Wohl in der Rollfeldgegend, auf die man jetzt vom Heiligenbuck hinüber sehen kann. Reste von drei kleineren Grabhügeln sollen sich im Wald bei Hügelsheim-Kleinkanada befinden. Das wäre so etwa in südöstlicher Richtung. Der ungewöhnliche Siedlungsnamen ergibt sich aus dem früher vom kanadischen Militär genutzten Flughafen. Die Grabhügel dort sollen einen Durchmesser von etwas über 20 Meter gehabt haben, der Kleine Heiligenbuck lag in der Gegend von 37 m und der Durchmesser des Heiligenbucks soll nach geophysikalischen Messungen 60 Meter gewesen sein. Die neuzeitlich hinzugefügten Steine um den Heiligenbuck markieren diesen Durchmesser.

Keltischer Grabhügel Heiligenbuck

Die über die Zeit verlorene Höhe des Heiligenbucks wurde durch eine Kappung 1845 (also Jahrzehnte vor der 1880 erfolgten Ausgrabung) noch deutlich vermindert. Neuzeitlich aber durch eine Aufschüttung wieder erhöht. Die Aufschüttung schützt auch Teile des Orginalgrabhügels, die anscheinend noch nicht archäologisch untersucht wurden. Der Ausgräber 1880 hatte gezielt den Bereich im Zentrum ausgegraben. Näheres zu den damaligen Heiligenbuck-Ausgrabungen von Ernst Wagner finden sich im Buch „Bestattungsbrauch in der westlichen Hallstattkultur (Südwestdeutschland, Ostfrankreich, Nordwestschweiz)“ von Siegfried Kurz. Die betreffenden Stellen kann man über eine Suche nach isbn:3893253866 hügelsheim in Google-Books einsehen (via den Markierungen am Balken rechts zu den beiden Stellen springen). Wobei eine Abweichung zu berücksichtigen ist: der Heiligenbuck hat bei Kurz noch den Durchmesser von 70-74 m, die geophysikalische Messung fand erst 2003 nach Erscheinen seines Buches statt.

Zu möglichen weiteren Funden in/bei einem Fürstengrabhügel sollte man sich den Wikipedia-Eintrag zum Magdalenenberg bei Villingen-Schwenningen ansehen. Bei Florian Freistetter findet sich zu dem Thema Magdalenenberg auch noch etwas. Im Magdalenenberg wurde ebenfalls gezielt nach dem Grab in der Mitte gesucht und ein schon geplündertes Fürstengrab gefunden. Im Falle des Magdalenenbergs konnte aber später nachgegraben werden und es wurden dabei mindestens 126 weitere Gräber entdeckt. Diese Bestattungen sind vor wenigen Jahren durch die Behauptung in den Schlagzeilen gekommen, daß ihre Anordnung um den Grabhügel ein frühkeltisches Kalenderwerk darstellen soll.

Donnerstag, 26. September 2013

Städtisches Museum Bruchsal

Das am östlichen Rand des Rheintals liegende Bruchsal dürfte überregional vielen nur wegen der Bahnlinie bekannt sein, die hier von der Rheintalstrecke abzweigt und in Richtung Osten führt. Ähnlich könnte das für das südlich von Bruchsal liegende Ettlingen gelten. Von Süden kommend ist bei Ettlingen die letzte Ausfahrt, bevor man beim Autobahnkreuz Karlsruhe über die A8 nach Osten abzweigen kann. Ab Ettlingen beginnt ein Jahrtausende lang genutztes Durchgangsgebiet in Richtung Osten. Faßbar wird das mit den Römerstraßen, von denen viele Streckenverläufe bekannt sind. Von der Römerstraße entlang des östlichen Rands des Rheintales („Bergstraße“) konnte man bei Ettlingen in Richtung Osten über Portus/Pforzheim zum römischen Vorläufer von Bad Cannstatt gelangen.

Städtisches Museum Bruchsal

Diese „Bergstraße“ entlang des östlichen Rand des Rheintales führte von Ettlingen auf der Trasse der heutigen B3 vorbei zur Durlacher Villa Rustica. Später unterhalb des Michaelsbergs durch das heutige (zur Stadt Bruchsal gehörende) Untergrombach. Und dann weiter durch das heutige Bruchsal bis in das nahe Bruchsal gelegene Stettfeld. Wie beim heutigen Ettlingen befand sich auch bei Stettfeld ein römischer Vicus. Von diesem Vicus ging ebenfalls eine römische Straße in Richtung Bad Cannstatt ab.

Städtisches Museum Bruchsal

Neben den verkehrstechnischen Vorteilen bietet der östlich von Bruchsal liegende Kraichgau durch mächtige Lößschichten auch große Vorteile für die Landwirtschaft, weshalb das Gebiet schon seit der frühen Jungsteinzeit (Neolithikum) landwirtschaftlich genutzt wurde. Besonders deutlich wurden diese beiden Aspekte frühe landwirtschaftliche Nutzung und Verbindung zwischen Rhein- und Neckartal in der Jungsteinzeit-Ausstellung in Karlsruhe sichtbar. In der Ausstellung stand die Michelsberger Kultur im Vordergrund. Und zu dieser Kultur gab es außer auf dem namensgebenden Michaelsberg beim Bruchsaler Stadtteil Untergrombach sowohl im Bruchsaler als auch im östlich davon am Neckar liegenden Heilbronner Raum mehrere weitere Erdwerke.

Städtisches Museum Bruchsal

Zur heutigen Kernstadt Bruchsal gibt es zwar Vermutungen über eine römische Straßenstation und Siedlungsaktivitäten. Eine überregionale Bedeutung hat Bruchsal aber erst im Mittelalter gewonnen, wofür vermutlich eine Verlagerung der Ostwest-Verbindung von Stettfeld nach Bruchsal hin ein Ausgangspunkt gewesen ist.

Städtisches Museum Bruchsal

Das Bruchsaler Städtische Museum soll „die Geschichte des Bruchsaler Raumes von der Steinzeit bis zur Gegenwart“ dokumentieren. „Die Ausstellung zeigt die Ur- und Frühgeschichte der Stadt; Mineraliensammlung, Münzen und Medaillen Bruchsals sowie archäologische Funde von der Jungsteinzeit bis zum Mittelalter“ und enthält auch einen Bereich zur Zerstörung der Stadt am 1. März 1945 und zur Geschichte des Strafvollzugs in Bruchsals.

Städtisches Museum Bruchsal

Der Schwerpunkt liegt also nicht auf der eigentlichen Stadtentwicklung, das Mittelalter bis zur frühen Neuzeit ist so eher unterrepräsentiert. Die Steinzeit hat hingegen einen relativ großen Anteil an der Museumsfläche. Was man durchaus mit der besonderen Bedeutung des Bruchsaler Umlandes und auch wegen der Tatsache rechtfertigen kann, daß man mit den mehr an den natürlichen Gegebenheiten orientierten alten Kulturen besser die Besonderheiten der Gegend nahebringen kann. Letztlich ist auch bei mir vor Jahren mittels Römern und Steinzeitfunden diese lokale Kombination aus fruchtbarem Boden und verkehrsgünstiger Lage hängengeblieben. Anderseits ist diese zeitliche Bevorzugung wegen der spannenden Entwicklung Bruchsals im Mittelalter und der frühen Neuzeit und angesichts der Kriegszerstörungen auch etwas ungerecht.

Städtisches Museum Bruchsal

Gut, jedenfalls sind für meinen Zeitbereich eineinhalb Räume reserviert, davon ist einer ganz der Steinzeit gewidmet. Dieser Raum ist sehr lebendig gestaltet. Am Eingang wird in die Steinzeit mittels der Replik eines der Schöninger Speere eingeführt (zu den Schöninger Speeren gibt es seit Juni diesen Jahres ein eigenes Museum). Viel Platz nehmen dann die Erdwerke Bruchsaler Raum ein. Es gibt Fotos von dem in meinem Michaelsberg-Eintrag angesprochenen Projekt, bei dem Schüler der Untergrombacher Joß-Fritz-Schule ein Gärtchen auf dem Michaelsberg mit altem Getreide bepflanzten, zusammen mit ausgelegtem Getreide und Erntewerkzeugen. In einem Teil zur Experimentellen Archäologie gibt es ein Wiedersehen mit dem in Herxheim, Teil 3 gezeigten Ötzi-Messer von Anne Reichert. Dort ist auch ein längerer Verweis auf den Arbeitskreis Experimentelle Archäologie im Heimatverein Kraichgau zu finden.

Schloss Bruchsal

Der Arbeitskreis beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit den Techniken und Lebensweisen der jungsteinzeitlichen Kulturen, im Bruchsaler Museum sind aber auch Fotos von einem Eisenschmelzversuch in einem nachgebauten Rennofen zu finden. Bronze-, Eisenzeit, Römer und erste Hinterlassenschaften der nachrückenden Germanen werden in der ersten Hälfte des nächsten Raumes ausgestellt. Gezeigt wird ein Tisch aus einer Villa Rustica auf der Gemarkung von Obergrombach. Obergrombach liegt östlich von Untergrombach beim Michaelsberg und wurde ebenfalls als Stadtteil nach Bruchsal eingemeindet. Weiter gibt es mehrere Repliken von Funden aus Stettfeld, u.a. eine des „Herkules von Stettfeld“. Der Torso des „Beschützers der Wege und Straßen“ wurde beim Abbruch eines Stalles 1977 gefunden.

Schloss Bruchsal

Stettfeld hat ein eigenes Römermuseum, auf dessen Website ist der Herkules auch zu sehen. Die Sonderausstellung „Fenster in die Welt der Römer - Zinnfiguren erzählen“ zeigt in Stettfeld bis zum 24. November „22 Schaukästen, in denen Szenen aus der Welt der Römer nachgestellt werden“. Klingt sehr interessant, aber zu den eingeschränkten Öffnungszeiten ging es bei uns nicht.

Schloss Bruchsal

Bruchsals hat sein Städtisches Museum im dritten Obergeschoss des Schlosses untergebracht. Wie Bruchsal wurde das Barockschloss bei dem Angriff von amerikanischen Bombern am 1. März 1945 fast völlig zerstört. Das Schloss wurde teilweise restauriert. Neben restaurierten Schlossräumen kann man mit einer Kombikarte das Deutsche Musikautomaten-Museum und das Museum der Stadt Bruchsal besichtigen. In der Kombikarte (Vollzahler 5 Euro) ist eine Führung durch die restaurierten Schlossteile enthalten. Zusätzlich gibt es eine Fotografiererlaubnis für 3 Euro, mit der im Schloss Bruchsal Aufnahmen für private Zwecke erlaubt sind. Aus „Privaten Zwecke“ kann man normalerweise keine Veröffentlichungserlaubnis folgern, wegen den vielen in Sozialen Netzen geposteten Fotos sollte man das vielleicht weiter klarstellen. Ich habe unten an der Kasse nachgefragt, die Veröffentlichung in Facebook oder Twitter oder in meinem Fall im Blog ist ok, nur ein gewerbliches Angebot (Kalender oder so) mit den Fotos wolle man nicht sehen. Da für die Ausstellungen in den unteren Teilen des Schlosses das Land Baden-Württemberg zuständig ist und oben im Städtischen Museum die Stadt, habe ich oben noch einmal nachgefragt. Da war das Einstellen in das Internet auch ok.

Sonntag, 8. September 2013

Keltenschanze Buchendorf

Gestern vor einer Woche haben wir wieder nach der Keltenschanze Buchendorf gesehen. Die Keltenschanze war früher schon häufig im Blog, ich werde den Eintrag deshalb an die Keltenschanzen-Anfänger richten und auf Ausführlicheres in früheren Einträgen verweisen.

Keltenschanze Buchendorf

In Bild 1 sieht man die im Vergleich zu den beiden Fußgängern große Ausdehnung der Keltenschanze. In Buchendorf am Vatertag gibt es noch einen funktionierenden Link auf Google Maps, mittels dem man sich die Verhältnisse von oben ansehen kann. Dort zeigt das einleitende Foto ein Teilstück einer ehemaligen Römerstraße. Diese Römerstraße verlief etwa in der Richtung, in der hier im ersten Bild die Fußgänger laufen, auf den „Vorplatz“ der Keltenschanze zu, um dann in Richtung des römischen Vorläuferorts von Gauting abzuknicken.

Keltenschanzen werden manchmal auch als „keltische Viereckschanzen“ bezeichnet, das ist dasselbe. Für die Römerstraße sieht man manchmal die Bezeichnung „Via Julia“. Diese mit kleinen Hinweisschildern ausgezeichnete Strecke orientiert sich aber nur an der Römerstraße. Die Fußgänger beispielsweise bewegen sich nicht auf einem offiziellen Weg, sondern auf einem ausgetretenen Pfad am Rande eines Ackers. Die Via Julia knickt deshalb schon vorher nach Buchendorf hinein ab und stößt dann wieder am Aufnahmeort des ersten Bilds für den Vatertags-Eintrag auf die Römerstraße. Die Bilder 5 und 6 im aktuellen Eintrag sind vom Waldrand aus der nordöstlichsten freien Ecke auf die Keltenschanze hin aufgenommen. In Bild 5 ist die Keltenschanze herangezoomt. Das Dach hinter der Keltenschanze kann man als Orientierung für Bild 6 nehmen. Dann erkennt man das kleine Wäldchen neben der Keltenschanze und dann eine untere Baumreihe, hinter der Buchendorf liegt. Etwa in Richtung rechts von der unteren Baumreihe befindet sich der Aufnahmeort für das erste Bild im Vatertagseintrag.

Keltische Viereckschanze Buchendorf

Zeitlich werden die Keltenschanzen in das 2. und 1. vorchristliche Jahrhundert einsortiert. Also in die Zeit kurz bevor die Römer hierher kamen. Meines Wissens nach gibt es in diesem Gebiet keine Hinweise auf einen durch die Römer verursachten Bevölkerungsaustausch. Zum baden-württembergischen Limes-Gebiet gibt es Darstellungen, nach denen die ursprüngliche keltische Bevölkerung dort vor der Römerzeit wegzog und nach der römischen Besetzung eine Zuwanderung aus den schon römisch besetzten Keltengebieten erfolgte. Die großen Keltenorte sind aber nicht nur im Südwesten, sondern auch in Bayern schon vor der Eroberung durch die Römer niedergegangen. Da gibt es zu Bayern die Überlegung, daß nicht ein großflächiger keltischer Abzug, sondern der Verlust der früheren Handelspartner durch deren Wegzug oder Unterwerfung zum Niedergang der Keltenstädte / Oppida beigetragen hat.

Verglichen mit den Kelten der bekannten Heuneburg, die auf das 6. Jahrhundert v. Chr. datiert wird, sind die Keltenschanzenkelten des 2. und 1. v. Chr. schon ziemlich „späte Kelten“. Sie alle gehören zur Eisenzeit und zuvor war die Bronzezeit. In der Zeit zwischen frühen und späten Kelten muß es Turbulenzen gegeben haben. Also es kann sein, daß es dabei Bevölkerungsverschiebungen gegeben hat. Es ist aber meines Wissens nicht so, daß man in diesem Gebiet einen Bevölkerungsaustausch nachweisen kann. Das gilt auch für den Übergang von der Bronzezeit zu den Kelten. Also vielleicht hat man einfach die neue Kultur übernommen.

180-Grad-Panorama am Eingang zur Keltenschanze Buchendorf

Für die alten Römer sind nicht nur diese Keltenschanzen präsent gewesen, sondern auch die zahlreichen Grabhügel, die bis in die Bronzezeit zurückreichen. Die beeindruckendste Grabhügelgruppe in der Nähe ist die, zu der das „Grab der Seherin“ gehört. Dort führte die römische Straßenverbindung zwischen den Vorläuferorten von Gauting und Kempten durch. Mehr zu römischen Streckenverbindungen im Zusammenhang mit Keltenschanzen in „Vernetzte Erdwerke - mit Fotos von der Keltenschanze im Laufzorner Holz“ .

Ein sehr wichtiges Hilfsmittel für eigene Nachforschungen ist das Geoinformationssystem BayernViewer-denkmal, dessen Daten mittlerweile auch unter der Haube des BayernAtlas zu finden sind. Eine Anleitung: So funktioniert der BayernAtlas gibt es in Stephans „Kraftvollen Orten“ .

Informationstafel an der Keltenschanze Buchendorf

Zur Grabhügelgruppe beim „Grab der Seherin“ hatte ich seinerzeit aus dem BayernViewer „Grabhügel der Bronze-, Hallstatt- und Latènezeit“ zitiert. Hallstatt- wären die frühen und Latènezeit die späten Kelten. Leider sagt die BayernViewer-Information wenig hinsichtlich der Verteilung im Grabhügelfeld aus. Die Grabhügel können wie das „Grab der Seherin“ vorwiegend bronzezeitlich entstanden sein, und dazu hat man vielleicht noch wenige keltische Nachbestattungen gefunden? Oder dominieren mancherorts tatsächlich die Kelten in den Grabhügelfeldern? Bei der Pullacher Grabhügelgruppe werden vor Ort auf einem Schild „Grabhügel der Hallstattzeit 800-500 v.Chr.“ angegeben.

Wie dem auch ist - die Keltenschanze Buchendorf hat ihre eigenen Grabhügel in der Nähe. Ich bin darauf in Von Forsthaus Kasten nach Buchendorf eingegangen. Nach dem BayernViewer gab es hier auch ein ganzes Grabhügelfeld. Wirklich gut zu erkennen, und zwar schon vom vorbeiführenden Weg aus, ist der Grabhügel im vierten Bild. Dieser Grabhügel liegt vom Aufnahmestandort der im aktuellen Eintrag eingestellten Bilder 5 und 6 vielleicht 50 Meter hinter der linken Schulter zurück. Aus dem BayernViewer habe ich dazu lokal eine „Siedlung der Bronzezeit, vermutlich der Hallstattzeit, des Mittelalters und der Neuzeit“ zitiert. Vielleicht signalisieren alle Grabhügel und Grabhügelfelder einen sehr nahen Wohnort?

Keltenschanze Buchendorf von Norden

In Buchendorf wird auf der Informationstafel noch eine kultische Nutzung der Keltenschanzen angegeben. Das beruft sich auf die Ausgrabungen von Klaus Schwarz. Ich bin darauf im Eintrag zur „Die Viereckschanze 2 von Holzhausen“ eingegangen. Diese Sichtweise als Kultort gilt als veraltet. Der aktuelle Deutungsansatz geht in Richtung begüteter Bauernhof. Es gibt zeichnerische Rekonstruktionen in denen die Keltenschanze als hervorgehobener Bauernhof / Herrenhof in eine Dorfsiedlung gesetzt wurde.

Wie ich zu Holzhausen geschrieben habe, würde ein bäuerliches Anwesen aber aus meiner Sicht nicht ausschließen, daß ein möglicherweise in der Schanze residierendes weltliches Oberhaupt der Gemeinde auch das geistliche Oberhaupt gewesen ist und in der Schanze Kulthandlungen stattfanden. Oder daß manche Keltenschanzen gänzlich nur sakralen Zwecken gewidmet waren. Nachgewiesen ist so eine ausschließlich sakrale Nutzung aber nach meinem Wissen bei keiner der Keltenschanzen im Münchner Raum, die mit diesen veralteten Informationstafeln ausgestattet wurden. Ohne Informationstafel, aber wegen den zahlreichen Funden ein plausibel belegter Kultort, ist stattdessen der Brandopferplatz bei Gauting.

Buchendorf von Norden

Wem die Keltenschanze Buchendorf ohne Kultort-Flair zu reizlos ist: Gruselig genug kann man sich auch einen begüterten keltischen Bauernhof vorstellen! Bei der Ausgrabung des Osttors des Oppidums Manching hat man nach „Manching - Die Keltenstadt“ von Susanne Sievers das Skelett eines etwa 6-jährigen Kindes gefunden, welches als Bauopfer interpretiert wurde. Zudem zwei Menschenschädel, die ursprünglich an einem Einzelpfosten oder am Tor befestigt gewesen sein können. Daß unter der Keltenschanze Buchendorf ein geopfertes Kind liegt, wollen wir mal nicht hoffen. Aber wenn die Bewohner erfolgreich an kriegerischen Auseinandersetzungen teilgenommen haben, dann werden sie ihre Mitbringsel sicher zur Schau gestellt haben.

Sonntag, 1. September 2013

Gemischte Links

Am nächsten Sonntag, dem 8. September, ist in Deutschland Tag des Offenen Denkmals 2013. In der Schweiz finden die Europäischen Tage des Denkmals am 7. und 8.9. statt und in Österreich ist der Tag des Denkmals am 29.9. Die Links zum Programm sind dieselben wie beim Denkmaltag 2012. Das Programm kommt mir dieses Jahr etwas dünn vor, speziell aus Münchner Perspektive. Vielleicht wird noch auf den letzten Drücker nachgefüllt. Schon letztes Jahr erwähnt habe ich den Bajuwarenhof Kirchheim und den Archäologischen Park Herrsching. Richtig neu und interessant sieht der Programmpunkt „Warum wird hier nicht gegraben?“ an der Turminsel in Schöngeising aus, der ist aber nur auf eine Stunde angesetzt. „Kreisbaumeisterin Reinlinde Leitz und Kreisheimatpfleger Toni Drexler führen ein Streitgespräch über Sinn und Aufgabe der Bodendenkmalpflege und den praktischen Vollzug des Denkmalschutzgesetzes. Hintergrund ist eine abgelehnte Grabungserlaubnis für den Historischen Verein Fürstenfeldbruck auf der Turminsel Schöngeising zu graben.“

Es wäre schön, wenn der Historische Verein Fürstenfeldbruck einen Veranstaltungsbericht auf seine Website einstellen würde. Aktuell findet sich bei der „Aufstellung über die Grabungen des Historischen Vereins“ eine letzte Grabung von 2010 und darüber ein „Seither konnten keine archäologischen Grabungen mehr durchgeführt werden, da das Landesamt für Denkmalpflege dafür keine Genehmigungen erteilte.“

Wieder ein Hinweis auf bei Coursera startende Online-Kurse: am Montag starten The Ancient Greeks, und wem das zeitlich zu nahe ist, für den gibt es ab Mittwoch Dino 101: Dinosaur Paleobiology. Über ihre Erfahrungen mit einem Online-Kurs hatte Marcellina nach einer Woche „Archaeology’s Dirty Little Secrets“ in ihrem Posting Keep Learning geschrieben.

Vom Euro-Arabischen Freundschaftskreis ist wieder die Vereinszeitschrift bei mir eingetroffen. Ein dünnes DinA5-Heft mit etwas über 30 Seiten mit Veranstaltungshinweisen, kurzen Buchbesprechungen, Vereinsnachrichten, kurzen Reiseberichten, Reisehinweisen, teilweise auch mit längeren Berichten zur Situation in den Ländern. Es geht dabei um die Länder von Marokko im Westen bis Afghanistan/Pakistan im Osten. Wer sich interessiert und mit Leuten zusammentreffen will, die wochenlang in den Ländern unterwegs waren oder dort sogar jahrelang gearbeitet haben: Gäste sind zu den Vereinstreffen mit Vorträgen im Gasthaus Gartenstadt in der Münchner Naupliastraße willkommen, der Eintritt ist frei. Im nächsten Vortrag am 11.9.2013 widmet sich Horst Münzinger der arabischen Seite Siziliens.

Im Januar bin ich auf den Archäologischen Verein Freising zusammen mit dem Bronzezeit-Fundort Bernstorf unter der Überschrift Archäologischer Verein Freising, Bernstorf eingegangen. Ich empfehle wieder in das Meldungsarchiv der Freisinger hinein zusehen. Das Bronzezeit-Bayern-Museum in Kranzberg soll ab Ende 2013 geöffnet sein. Ob das dem aktuellen Stand entspricht und was die Ausgrabungen bislang ergeben haben, das sollte man in zwei Veranstaltungen des Archäologischen Vereins Erding erfahren können: am 23.09.2013 in einem Vortrag im Museum Erding über „Die Mittelbronzezeitliche Höhenbefestigung von Bernstorf, Lkr. Freising“ und am 29.09.2013 bei der Exkursion ab dem Volksfestplatz Erding „Höhenbefestigung von Bernstorf und das archäologische Museum in Kranzberg, Lkr. Freising“.

Ein paar Ausstellungen: die anstehende Ötzi-Ausstellung im Museum Herxheim hatte ich schon erwähnt. Am 15. September gibt es zu „Ötzi - Der Mann aus dem Eis“ eine Vernissage, der Eintritt ist frei, nähere Informationen hier. Die Sammlung Wendel habe sogar auch schon erwähnt, in „3d-Film über die Chauvet-Höhle von Werner Herzog“, nur funktioniert dort der unterlegte Link nicht mehr. Die Sammlung ist Grundlage der Ausstellung „Bilder im Dunkeln – Höhlenkunst der Eiszeit. Die Sammlung Wendel“ ab dem 20.9.2013 in der Münchner Archäologischen Staatssammlung. Man beachte das Rahmenprogramm. Sonntagsführungen mit Museumstaschenlampen, Vorträge, und der Chauvet-Film wird auch einmal gezeigt, wobei ich jetzt aber nichts von 3D sehe. Einen aktuell noch funktionierenden Link zu Informationen über die Ausstellung gibt es auch (mit einer kleinen Bildergalerie).

Am Harzhorn gab es eine Schlacht mit den Römern zu einer Zeit, als man glaubte die Römer wären so tief im Germanenland überhaupt nicht mehr unterwegs gewesen. „Das Harzhorn – Ortstermin an einer Jahrhundertfundstelle“ berichtet von den Fundumständen und der archäologischen Erforschung. Nun gibt es zur Schlacht eine Ausstellung: „Ab dem 1. September 2013 werden die spektakulären Funde des am besten erhaltenen Schlachtfeldes, das wir aus der Antike kennen, erstmalig öffentlich ausgestellt. Das Braunschweigische Landesmuseum präsentiert im Auftrag des Landes Niedersachsen die Landesausstellung 'Roms vergessener Feldzug. Die Schlacht am Harzhorn'“. Weiter Informationen hier.

Das Projekt Zeiteninsel, das „Archäologische Freilichtmuseum Marburger Land“, habe ich letzten November mal erwähnt. Aktuell läuft dort ein Lagerwochenende mit Vorführungen. Über den genauen Ort habe ich gerätselt, aber wenn da etwas los ist ist „am westlichen Ortsrand von Weimar-Argenstein der Gemeinde Weimar an der Lahn“ sicher gut zu finden.

Die Zeiteninsel war ein Hinweis für die Hessen. München-näher steht am 15. September das Keltenfest Landersdorf 2013 an. Bei Interesse sollte man bei Stephan gleich noch die anderen Veranstaltungen in der Region durchsehen.

Stephan ist mit seiner Website schnell die Adresse für Ausflugstipps zu Keltenschanzen, Hügelgräbern und Naturdenkmalen in einem immer größer werdenden Radius um einen Mittelpunkt nördlich von München geworden. Rainer Steinke hat seinen Mittelpunkt noch etwas nördlicher und ist mit seinem Blog Kult-Urzeit erst seit diesem Jahr mit dabei. Er muß einen riesigen Fotostapel haben, den er mit einer schnellen Folge von Postings abarbeitet. Aus einer ganz anderen Region kommt Hiltibold. Hinsichtlich dem Newcomer-Fleiß ist er in einem Atemzug mit Rainer zu nennen und man sollte unbedingt mal bei beiden reinsehen, was sich da in den letzten Monaten getan hat.

Tief im Rainer-Land, aber auch Stephan war schon in der Gegend aktiv, hat im Juli die Zeitreisende und Geschichtenerzählerin Petra Gabriel Untergründiges aus Forchheim zutage gefördert. Oder doch nicht ganz, genaueres gibt es erst in ihrem Kurzkrimi. Ein heimisches Revier von Petra Gabriel ist das Dreiländereck Baden, Elsass, Schweiz.

Bei den vielen Entdeckungen in Renates Blog „Quizzy zeigt Euch München“ ist wieder etwas aus meinem Bereich graue Vorzeit bis Spätantike dabei: „Ein jahrtausendalter Brauch“ berichtet von Platten am Münchner Brauerhaus mit Szenen aus dem Gilgamesch-Epos. Als Ergänzung dazu hätte ich den Blick in eine altägyptischen Brauerei zu bieten.

Was viele Münchner Keltenfans nicht so wissen: für Münchner liegt die als keltisches Oppidum gehandelte Fentbachschanze in Kombination mit der S-Bahn in Fahrradreichweite. Ich hatte aber immer nur die Version mit der S-Bahn-Haltestelle Kreuzstraße im Kopf, eine Fußwanderung hätte ich mir ziemlich lang vorgestellt. In Walters Weblog wird die Kombination einer Wanderung mit einer Anfahrt mit der Bayerischen Oberlandbahn in das nähere Darching beschrieben. In Walters Weblog gibt es eine lange Serie solcher Wanderausflüge in das Münchner Umland.

Wir haben gestern wieder die Keltenschanze Buchendorf besucht, Fotos folgen noch. Vorab eines in Christines Blog Strickwerk Verstricktes aus dem Leben und von den Nadeln. Die alte Informationstafel hängt immer noch in Buchendorf, Tempel und Opferschächte und so. Ich meckere dann in meinem neuen Buchendorf-Eintrag darüber herum. Eine aktuelle Sicht der Keltenschanzen kann man in dem sehr gut gemachten pdf zu einer Führung vor fast 4 Jahren zur Keltenschanze Gertholz bei Aach-Linz nachlesen. Aach-Linz liegt etwas über 30 km von der Heuneburg entfernt. Für den Erhalt des dortigen Freilichtmuseums gab es eine Onlinepetition. Zu der ist unter Neuigkeiten die Antwort des Petitionsausschusses des Landtages verlinkt.

So, für alle die brav waren und bis zum Schluß durchgehalten haben, gibt es noch einen Link zu einem neuen Magazin: Kulturas - das Magazin für Natur, Kultur und Geschichte in Portugal und Spanien. Geschrieben in Deutsch. Monatlich. Kostenlos. In der Juni-Juli-Ausgabe 2013 bleiben wir über lange Bildstrecken in der Zeit der Kelten, der Eisenzeit. Es gibt schöne Bilder von den Hinterlassenschaften der Castrokultur. Unbedingt reinsehen!