Samstag, 29. Mai 2010

Herxheim

Nach dem Besuch von Rheinzabern und seinem Terra Sigillata Museum fuhren wir nach Herxheim weiter. Durch den Verdacht auf Massenkannibalismus hat es die dortige Ausgrabung eines jungsteinzeitlichen Kultortes Ende letzten Jahres bis in die internationalen Medien geschafft. Ich hatte seinerzeit dazu einen Eintrag mit weiterführenden Links gemacht, auf den will ich heute verweisen und mir weitere Erläuterungen sparen.

Ausgrabung Herxheim

Der Weg von Rheinzabern zur Ausgrabung im Westen von Herxheim ist ziemlich kurz, noch dazu gibt es auf der Strecke via Hatzenbühl eine Umfahrung, so daß wir nicht nach Herxheim hinein mußten. Über den Ort der Ausgrabung verrate ich kein Geheimnis, Ortskundige kennen den schon lange und Ortsfremde finden ihn wie wir schnell mittels Google-Maps und dem Luftbild des im letztes Jahr erwähnten SWR-Beitrags oder von der Website des Grabungs-Projektes.

Wir waren noch in der 9-bis-5-Arbeitszeit dort, aber niemand arbeitete. Das lag vielleicht daran, daß es den Morgen über geregnet hat. Es gab aber auch keine Abdeckungen und Zelte, wie man sie auf den Luftbildern sieht. Also vielleicht ist dort derzeit noch Grabungspause.

Ausgrabung Herxheim

Das Panorama in Bild 2 hat mich beeindruckt. Ich habe drei Bilder freihand ohne Stativ aufgenommen und hätte nicht erwartet, daß die Software daraus noch etwas machen kann. Der Zaun ist zwar in Wirklichkeit nicht gebogen, aber sonst gibt das Bild die Verhältnisse dort ganz passabel wieder.

Ohne die Panorama-Verzerrungen nochmal in Bild 3 der Blick in Richtung auf den Kreisel. Ich empfehle zum Vergleich das SWR-Luftbild mit dem dort eingezeichneten Verlauf der Grubenringe. Vor Ort hatte ich schon ein äußerst zwiespältiges Gefühl, und das hat mich bis jetzt angesichts dieser Kombination von uraltem Kultort und neuzeitlicher Straßen- und Gewerbebebauung nicht verlassen. Ich bin ja schon manchmal ziemlich skeptisch, wenn kulturbewegte Minderheiten einer uninteressierten aber zahlen müssenden Mehrheit etwas aufdrücken wollen. Aber aus den Voraussetzungen hier hätte man statt Straßen und Gewerbebebauung vielleicht etwas ganz Großes machen können, was die Mehrheit auch noch ganz vernünftig gefunden hätte und zudem dem Genius loci und Leuten von damals besser gerecht geworden wäre.

Ausgrabung Herxheim

Wir haben danach das Museum in Herxheim sein gelassen, dafür wurde es doch zu spät. Interessiert hätte mich, ob der letztjährige Medienhype viel an den Besucherzahlen geändert hat. Ich glaube die über die Woche vergleichsweise kurzen Öffnungszeiten sind gleich geblieben, ganz so schlimm kann der Ansturm nicht gewesen sein.

Vorläufig scheint die Ausgrabung weitgehend aus den Massenmedien zu sein, ich kenne aus den zurückliegenden Monaten nur den Artikel in der Zeit „Mordermittlung an Opfern aus der Steinzeit“ von Marcel Burkhardt. Hinsichtlich dem Massenkannibalismus scheint die Ausgräberin Andrea Zeeb-Lanz den Ball flach halten zu wollen: "Mich interessiert, aus welchem Grund und woher Menschen für dieses spektakuläre Ritual an diesen Ort kamen, der vordergründig den Eindruck eines ganz normalen Siedlungsplatzes der frühen Jungsteinzeit macht", wird sie in dem Artikel zitiert. Ich hoffe sie hat viel Erfolg, uns interessiert das auch!

Mittwoch, 26. Mai 2010

Rheinzabern - Tabernae

Letzten Dezember hatte ich anläßlich des Medien-Hypes um die Kannibalen von Herxheim geschrieben, daß ich Rheinzabern und Herxheim besuchen wollte. Letzte Woche haben wir das sogar zu zweit geschafft.

Rheinzabern liegt nahe dem Rhein in der Südpfalz, weniger als 20 km Luftlinie vom südöstlich auf der anderen Rheinseite liegenden Karlsruhe entfernt. Das heutige Rheinzabern überdeckt den antiken Ort Tabernae zu annähernd 90 %, wie im „Museumskatalog Terra-Sigillata in Rheinzabern“ von Rüdiger Schulz und Walter Schellenberger zu lesen ist (von 1996 für 4,60 Euro).

Rheinzabern


Im geschichtlichen Überblick ist dort weiter zu lesen, daß Tabernae zeitweise die größte Terra-Sigillata-Manufaktursiedlung nördlich der Alpen gewesen ist, der jährliche Ausstoß wird auf 1 bis 1,5 Millionen Gefäße geschätzt. Vermutet wird, daß die dazu notwendigen reichen und hochqualitativen Tonlagerstätten durch die Römer beim Bau der linksrheinischen Fernstraße entdeckt wurden, die von Italien über den großen Bernhard kommend Basel, Straßburg, Speyer und Mainz verband. Eine zwischen 10 und 20 n.Chr. gebaute Straßenstation könnte der Ausgangspunkt der Siedlung gewesen sein.

Rheinzabern

Vieles von der späteren Entwicklung läßt sich dann anhand der Tonwaren ablesen. Der Ausbau der Militärlager am Rhein erforderte Unmengen Baukeramik wie Dachziegel und Bodenplatten, wobei die Produktionseinheiten durch Legionssiegel gekennzeichnet wurde, die späteren Reliefwaren und glatte Sigillaten meist durch eingestempelte Produzentennamen. Nach Katalog sind 600 Produzentennamen bekannt.

Terra Sigillata Museum Rheinzabern

Es wird davon ausgegangen, daß schon früh Gebrauchsgefäße entstanden und gehandelt wurden. Die Terra-Sigillata-Qualität konnte aber noch nicht erreicht werden. Terra Sigillata wird auch als das „Porzellan der Römer“ bezeichnet. Geändert hat sich das schlagartig Mitte des zweiten Jahrhunderts n.Chr., als zwei namentlich bekannte Töpfer aus alten gallischen Töpferzentren ihre Werkstätten nach Tabernae verlegten. Man kann offenbar diesen Umbruch außer an den Brennöfen auch an vergrößerten und in der Struktur geänderten Produktionsbetrieben archäologisch nachweisen.

Rheinzabern

Die Hauptabnehmer der Terra Sigillata fanden sich entlang des Rheins, in den angrenzenden römischen Provinzen entlang der Donau, und im nicht römisch beherrschten Mittel- und Osteuropa bis hin nach Skandinavien. War hier Tabernae bei seiner Terra Sigillata marktbeherrschend, war sie in England nur sehr gut und in Gallien wenig vertreten. Mit dem Fall des Limes und einer vermehrten Glasproduktion kommt es zu einem Niedergang der Produktion, die mit einer Verschlechterung der Qualität einhergeht. Archäologisch nachweisbar ist noch eine landwirtschaftliche Neunutzung eines Manufakturbetriebes. Das Siedlungsende wird laut Museumskatalog anhand eines kleinen Münzschatzes zur Zeit der Unruhen von 352 n.Chr. oder von 406 nach Chr. vermutet.

Rheinzabern

Ein sehr spannendes Thema - die Kenntnis der Produzenten und produzierten Waren im relativ kleinen Tabernae gibt einen Schlüssel Funde aus großen Teilen Europas! Als eine der Besonderheiten von Rheinzabern kommt hinzu, daß die Erforschung der seinerzeitigen Produkte und Herstellungsverfahren mit neuzeitlichen Produktionsstätten einhergeht. Der Katalog nennt als Beispiel den Fabrikanten Ludowici, der viel für die Erforschung der römischen Töpferkunst getan hat und 1883 seine Falzziegelfabrikation von Ludwigshafen nach Jockgrim bei Rheinzabern verlegt hatte.

Rheinzabern

Und die Website des Terra-Sigillata-Museums nennt aktuell häufig die Firma Schnorr Keramik als Förderer. U.a. brennt sie auch Reliefschüsselchen oder mit Kerbschnitt verzierte Tontäfelchen, die im museumspädagogischen Programm von Schülern erstellt werden können. Übrigens eine andere wesentliche Besonderheit von Rheinzabern, daß diese Angebote und der Museumsbetrieb von einem Verein getragen werden.

Rheinzabern

Was gab es für uns zu sehen? Das Terra Sigillata Museum Rheinzabern versucht die oben skizzierte Geschichte zu vermitteln. Es gibt die unterschiedlichen Töpferwaren, es wird auf deren Verwendung eingegangen, es wird auf die unterschiedlichen Produktionsverfahren und die Verbindungswege hingewiesen usf. Zusätzlich kann man in einem Raum mehr über das Alltagsleben erfahren. Man kann römische Textilien anfassen, römische Düfte riechen, römische Spiele spielen. Ganz nett eine Reihe von Tonwaren in die Tierspuren eingebrannt sind, was Rückschlüsse über die damaligen Mitbewohner zuläßt.

Rheinzabern, Kindergarten Faustinastraße

Neben dem Museumsbesuch bietet sich ein „Historischer Rundgang durch Rheinzabern“ an, ein Prospekt liegt kostenlos bei der Museumskasse bereit. Wir haben hier natürlich nur die Orte zeitlich bis zur Spätantike herausgepickt und sind über den „Römischen Friedhof“ an der Maximiliansstraße, wo wir keine Kennzeichnung gefunden haben, weiter zur Scheune aus Römerschutt gelaufen, auch ohne Kennzeichnung, im Abgleich mit dem Prospektfoto denken wir, daß es die im siebten Bild fotografierte Scheune ist.

Rheinzabern, Brennöfen im Kindergarten Faustinastraße

Dann ging es zu den römischen Brennöfen in der Faustinastraße. Die sind im Kindergarten (das Foto mit dem eingerüsteten Gebäude) integriert, da kann man von außen das Licht einschalten und auf die Brennöfen heruntersehen, zum Hinuntergehen bräuchte man aber jemand mit Schlüssel. Den römischen Brunnen vermutlich 10 Minuten entfernt haben wir in Erinnerung an unseren Weg zum Friedhof sein lassen, da war im Prospekt kein mutmachendes Bild. Wenn es der auf der Website des Museumsvereins gewesen wäre, dann hätte sich das aber noch rentiert.

Rheinzabern

Hinsichtlich unserer Tour und der Vorbereitung muß ich zugeben, daß es umständehalber sehr locker zuging. Hatte ich letztes Jahr intensiv die Website gesichtet, haben wir uns letzte Woche ziemlich schnell ohne Vorbereitung entschieden. Wir sind auch erst um die Mittagszeit angerückt und wollten zudem noch in Herxheim vorbeisehen. Für uns hat das trotzdem als Vorbereitung für einen weiteren Besuch in das gut per Bahn und Auto erreichbare Rheinzabern gepasst. Wir kommen ohnehin öfters im nahen Baden vorbei, und das an diesem Tag nicht mehr geschaffte Museum Herxheim steht ja auch noch aus. Vielleicht ist die beste Lösung ohnehin eine Kombination von Einlesen auf dem Level des Museumskatalogs und einer folgender Teilnahme an einer passend angebotenen Führung, wo man seine wichtigsten offenen Punkte nachfragen kann.

Dienstag, 25. Mai 2010

Alamannenmuseum auf der Kippe und Pernicka-Brief

Gestern nachmittag beim herumsurfen, was zwischenzeitlich passiert ist, bekam ich ein ganz besonderes ich-bin-wieder-da-Gefühl: meine Bilder sind wieder mit der Google-Bildersuche zu finden, ohne daß ich die Voreinstellung „SafeSearch: Moderat“ (bzw. neuerdings „SafeSearch - Mittel“) auf „SafeSearch - Aus“ umstellen muß. Ich finde sie sogar mit „SafeSearch - Strikt“!

Ich hatte meine Probleme mit der Google-Bildersuche vor zwei Monaten geschildert und seither nichts unternommen, außer meine Blüte-mit-Biene-Bilder als Zeichen meines guten Willens einzustellen. Kann das gereicht haben? Ich werde jedenfalls noch ein paar Klapperstorch-Bilder nachlegen und mich ansonsten nicht zu sehr freuen, morgen kann schon wieder alles anders sein.

Storch


Nun zu Wichtigerem: das Alamannenmuseum in Ellwangen steht anscheinend auf der Kippe, hier der Artikel „Schluss für Alamannenmuseum?“ von Marcel Schwarzenberger bei Chronico, hier „Ellwangen in Geldnot: Alamannenmuseum droht die Schließung“ von Eckard Scheiderer im Internetportal der Schwäbischen Zeitung, wo Sie gegen die Schließung des Museums stimmen und einen Kommentar abgeben können, und hier der Link zur Unterschriftenaktion für das Alamannenmuseum der Schwäbischen Zeitung.

Storch

Zwei ergänzende Hinweise, einer zu den Alamannen: es gibt auch ein Alamannen-Museum Vörstetten, das befindet sich im Landkreis Emmendingen, einer ganz anderen Ecke von Baden-Württemberg als Ellwangen. Träger des Alamannen-Museums Vörstetten ist laut Website der 2005 gegründete Museums- und Geschichtsverein Vörstetten. Vielleicht hilft das eher zu einem langen Dasein in ruhigeren Bahnen. Den Link verdanke ich der Twitter-Repräsentanz von Chronico.

Storch

Der zweite Hinweis auf einen Imagefilm als Informationsoffensive für die Denkmalpflege Baden-Württemberg stammt aus der Nachrichten-Rubrik von Archäologie Online. Neben diesem Film finden sich dort weitere Videos und Informationsquellen, beispielsweise kann das „Nachrichtenblatt der Landesdenkmalpflege“ als pdf-Datei heruntergeladen werden.

Storch

Ein anderes Thema, fokussiert in einem in der Zeitschrift des Deutschen Altphilologenverbandes Forum Classicum veröffentlichten Brief des betroffenen Ernst Pernicka und aufgegriffen in dem Blogeintrag von Uwe Walter „Der Dreißigsekunden-Experte – Altertumswissenschaftler im Fernsehen“.

Storch

Während meiner Abwesenheit hat sich dieser Blogeintrag sehr lesenswert über mehrere Kommentare bis hin zu einem vom Kommentator franket mit Erlaubnis des Autors Ernst Pernicka eingestellten Schreiben weiterentwickelt.

Storch

Allgemein geht es, wie es Uwe Walter in seiner Überschrift auf Punkt brachte, um den „Dreißigsekunden-Experten“ (und den gibt es nicht nur in der Altertumswissenschaft). Im Besonderen um Troja, die Theorien von Raoul Schrott und die unzureichend wiedergegebene Meinung des Troja-Experten Ernst Pernicka.

Hierzu noch ein paar Links: ein sehr interessantes Interview von Klaus-Dieter Linsmeier mit Ernst Pernicka für Epoc, ein Beitrag in der NZZ von Hans-Albrecht Koch über die Ilias-Übersetzung von Raoul Schrott. Ebenfalls in der NZZ eine Auseinandersetzung von Christian Meier mit den Gedanken von Raoul Schrott unter dem Titel „Wir sind Kinder des Okzidents“. Schließlich noch ein Artikel von Christine-Felice Röhrs im Tagespiegel unter dem Titel „Die Graben-Kämpfer“ der illustriert, daß für Kontroversen um Troja nicht auch noch Raoul Schrott nötig gewesen wäre.

Montag, 10. Mai 2010

Manchinger La-Tène-Ausstellung und weitere Links für Keltenfreunde

Simon Kahnert hat die Manchinger La-Tène-Sonderausstellung besucht und seinen Bericht in das Forum von Hassia Celtica eingestellt.

Sein Schlußsatz „Wer eine lange Anfahrt nach Manching hat, der sollte überlegen, ob er nicht lieber direkt in die Schweiz fährt“ sollte die näher Wohnenden nicht entmutigen. Erstens ist deren Anfahrt ja kurz, zweitens berichtet Simon Kahnert wohl vorrangig einem Publikum, das schon sehr sehr viel keltisches gesehen hat, drittens gibt es im Museum noch die Dauerausstellung und draußen muß an den Wallresten des Oppidums spazieren gegangen werden, das reicht für eine schöne Tagestour.

Hohmichele bei Hundersingen / der Heuneburg

Aber stressen muß man sich für die versprochenen „überraschenden Ergebnisse neuester wissenschaftlicher Untersuchungen“ anscheinend nicht: „Was die Brücke von Latène wirklich war bleibt weiterhin Spekulation“ meint Simon Kahnert.

Auf seinen Bericht bin ich via Twitter gestoßen. Dort gibt es weitere Links von ihm auf Forumseinträge zu aktuellen Medienberichten, auf Bilder vom 3. Keltentag am Dürrnberg, und auf seine ganz aktuellen nicht-keltischen Fotos aus Masada.

Hohmichele bei Hundersingen / der Heuneburg

Wer an den Kelten dran bleiben will, für den empfiehlt es sich noch eine Weile bei Hassia Celtica herumzustöbern. La Tène und Hallstatt etwas auseinandergefieselt habe ich in meinem Ausstellungshinweis im Februar. Was es in Manching sonst so zu sehen ist, das entnehme man auch meinem Blogeintrag „Wege zu den Kelten“. Und meine heutigen Fotos stammen vom Hohmichele nahe der Heuneburg.

Donnerstag, 6. Mai 2010

Versiegelt der Denkmalschutz Bayern?

Die Ausstellung „Karfunkelstein und Seide“ hatte ich sehr gut mit Extrasternchen gefunden, aber ganz am Ende der Besprechung noch vier Abschnitte über eine von mir empfundene Dissonanz einbauen müssen.

Denn es wurde zwar hinsichtlich des Unterhachinger Fundes an verschiedenen Stellen erwähnt, daß alles gut gelaufen ist, was ich in diesem speziellen Fall gerne glauben wollte. Aber im allgemeinen Fall sah ich bei den bestehenden Regelungen Probleme. Der Bauherr hätte vielleicht auch Pech haben können, weil er nicht bauen darf oder auf hohen Kosten sitzen bleibt, oder die Allgemeinheit, weil ein für die Geschichte Bayerns bedeutsamer Fund nicht ausgegraben und erforscht wird.

Meine Ad-hoc-Idee war ein filmisch dokumentierter Abend mit allen Beteiligten, wo die wichtigen Fragen angesprochen werden, und dieses Filmdokument dann dem Ausstellungskatalog beizupacken oder zum kostenlosen Download anzubieten. Wobei zugegebenermaßen ein Abend nicht reichen würde, auf die ganzen Feinheiten einzugehen. Ich schreibe da aus Erfahrung, denn ich habe einen verlängerten Abend allein auf einer Website mit Hintergrundinformationen zugebracht.

Wesentlich erscheint mir, daß nicht nur eine einseitig gefilterte Darstellung zum Zuge kommt. Und da kann man ja schon mit kürzeren Beiträgen anfangen, wie dem Ausschnitt aus Sendung des Bayrischen Rundfunks „quer“ unter dem Titel „Fluch der Vergangenheit: Denkmalschutz versiegelt Bayern“, eingestellt in den quer-Blog am 13.1.2010, und seinen aktuell 16 Kommentaren. Den Link auf den Beitrag verdanke ich einem erst diese Woche gefundenen Kommentar von Tatzelwurm zum Blogeintrag der Freidenkerin „Die G’schicht von den Bodendenkmälern“.

Dann die Website mit Hintergrundinformationen „Sondengänger in Deutschland“ von Thorsten Straub. Wenn Sie sich für das Thema näher interessieren kostet diese Website Zeit, aber ich glaube sie ist das auch wert. Da geht es um die unterschiedlichen Positionen der Interessengruppen, um gesetzliche Regelungen, darum, was wichtige oder wertvolle Funde dem Finder gebracht haben und vieles mehr.

Schließlich die Website des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege mit seinen Hinweisen für Denkmaleigentümer und zur Pflege von Bau-, Kunst- und Bodendenkmälern.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Kampfwagenrennen 2010 in Pfaffenhofen, München und Straubing

Wagenrennen im Circus Maximus des alten Roms und im Hippodrom von Konstantinopel waren seinerzeit Großereignisse. Rennen gab es zuvor bei den Olympischen Spielen der Griechen. Und die Ilias berichtet von einem Rennen zu Ehren des toten Patroklos. Die Rennen reichen also lange in eine Zeit zurück, in der Streitwagen zur normalen Heeresausstattung gehörten.

Mit dem Ende der alten Griechen und Römer mag man glauben, daß auch diese weit über tausendjährige Tradition zum Erliegen gekommen ist. Falsch, denn man kann sie noch in natura miterleben: Schallus Brutalus Maximus macht es wieder möglich - das „Kampfwagenspektakel geht in zweite Runde“.

In dem Artikel von Manfred Eibisch aus dem Donaukurier können Sie lesen, was alles geboten wird. Und auf der Veranstalter-Website finden Sie ein Video und Bilder von der ersten Veranstaltung 2008 und näheres zu den Terminen am 6.6.2010 in Pfaffenhofen, 20.6.2010 in München und 29.8.2010 in Straubing.

Im Donaukurier ist auch die „Nachwuchsförderung“ von Schallus Brutalus Maximus alias Hans Schaller erwähnt. Er hat der Universität Regensburg zwanzig originalgetreu nachgebildete Gladiatorenausrüstungen spendiert. Das Projekt ist in den letzten Monaten durch die Medien gegangen, hier die Pressemeldung von der Universität Regensburg dazu „Gladiatoren im 21. Jahrhundert - Wissenschaftler starten Projekt im Bereich Experimentelle Archäologie“.

Samstag, 1. Mai 2010

Vernetzte Erdwerke - mit Fotos von der Keltenschanze im Laufzorner Holz

Im folgenden soll es um Verbindungen zwischen Erdwerken gehen. Die Fotos stammen von der Keltenschanze im Laufzorner Holz. Diese Keltenschanze befindet sich nahe an einem uralten Kreuzungspunkt solcher Verbindungsstrecken. Das ist ganz gut anhand der abfotografierten Zeichnung auf der Informationstafel der Keltenschanze im Lanzenhaarer Feld im letzten Blog-Eintrag zu sehen. Ich bitte einen kurzen Blick zurück auf diese Zeichnung zu werfen. An der markierten Stelle auf der im aktuellen Blog-Eintrag eingebundenen Karte sollte der westliche Wall der Keltenschanze im Laufzorner Holz zu finden sein.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Die Zeichnung gibt die lokalen Verhältnisse bei Deisenhofen / Oberhaching schön wieder. Man sollte aber nicht davon ausgehen, daß sie maßstabsgetreu ist. Auf der östlichen Seite des Gleißentals die Keltenschanzen mit den für Keltenschanzen untypischen Vorwerken, von denen eines von einer Römerstraße durchschnitten wurde. Auf der anderen Seite ganz links die Keltenschanze im Laufzorner Forst, an der die Römerstraße in Richtung Westen vorbeiführt.


Größere Kartenansicht

Geologisch gesehen hat man hier mit dem Gleißental und dem anschließenden Hachinger Tal eine natürliche Nord-Süd-Verbindung. Bei der Ost-West-Verbindung ist nicht so eingängig, warum die genau hier verläuft. Allerdings befindet sich bei dieser Römerstraße der Übergang vom Gleißental in das nördliche Hachinger Tal, und das ist bei einer so prominenten Ost-West-Verbindung schon auffällig.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Das Aufeinandertreffen mit den Keltenschanzen läßt jedenfalls schon hier einen keltischen Vorläufer der Römerstraße vermuten. Weiter in Richtung Westen macht die Römerstraße bei der Buchendorfer Keltenschanze sogar eine Kurve. Entweder hat man das von den Kelten übernommen, oder die Römer mußten die Schanze bewußt in ihre Straßenführung eingebunden haben. Der Ankündigungstext zur von Reinhard Falter geführten Wanderung der Münchner Volkshochschule zum noch weiter westlich gelegenen Streckenabschnitt zwischen Gilching und Schöngeising argumentiert ähnlich: „Dass sie immer wieder auf Keltenschanzen stößt, spricht dafür, dass sie auf einer alten keltischen Trasse liegt“ („Auf der Römerstraße von Gilching nach Schöngeising“ am 1.8.2010, siehe der Hinweis in den „Münchner Veranstaltungen“). Wobei man es aber mit der „keltischen Trasse“ nicht so genau nehmen sollte. Die angelaufenen Keltenschanzen sind kein Beleg für die Trasse. Die teilweise kerzengerade Straße läßt Begradigungen durch die Römer vermuten.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Bei der Volkshochschul-Wanderung wird ein Streckenteil erwandert, der an der Keltenschanze bei Schöngeising und an der „Sunderburg“ mit bronzezeitlicher Höhensiedlungsvergangenheit vorbeiführt. Die Keltenschanzen stammen aus dem ersten und zweiten Jahrhundert v. Chr., das war nicht lange vor der römischen Besetzung. Bei der „Sunderburg“ wird nach der Wikipedia von einer frühbronzezeitlichen Höhensiedlung ausgegangen, die ca. 1800 - 1600 v. Chr. entstanden ist, mit einer erneuten Besiedlung und Befestigung in der Urnenfelderzeit (ca. 1200 - 750 v. Chr.). Das führt zeitlich in die Nähe der befestigten Siedlung bei Bernstorf nördlich von München.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Deren Einsortierung in die ältere mittlere Bronzezeit in dieser „Erstausgabe zur befestigten Siedlung der Bronzezeit bei Bernstorf / Kranzberg“ läßt aber zusammen mit dem Wikipedia-Artikel über die Sunderburg keine Aussage zu, ob eine Zeitgenossenschaft zwischen den beiden Anlagen bestand. Wenn die Anlagen zeitgleich bestanden haben, dann könnte man daraus vielleicht Rückschlüsse über die Anzahl und Verteilung solcher Anlagen ziehen.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Die Direktverbindung zwischen der Sunderburg und der Anlage bei Bernstorf hätte in nordöstliche Richtung entlang der Amper per Google-Maps-Fußweg ermittelt eine Länge von weniger als 50 km. Die West-Ost-Entfernung von der Keltenschanze bei Schöngeising und der Sunderburg hin zu den Keltenschanzen beim Gleißental bzw. Hachinger Tal auf der Trasse der Römerstraße dürfte bei etwa 40 km liegen.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Daß es eine Querfernverbindung entsprechend der Römerstraße auch zur Bronzezeit gegeben hat, würde ich wegen dem nachgewiesenen frühen Abbau von Salz im Salzkammergut vermuten. Auf kurze Strecken sind die Querverbindungen zwischen den Tälern sowieso plausibel. Die bronzezeitlichen Hügelgräber sind entlang der Würm (hier unsere Suche bei der Keltenschanze von Buchendorf) bis hinüber zum Gleißental verbreitet und weisen auf zu verbindende Ansiedlungen hin.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Ergänzend zur Ost-West und West-Nordost-Verbindung (Sunderburg-Bernstorf) sollte man noch einen Blick auf die Verbindungstrecke durch das Hachinger Tal nach Norden werfen. Nach Aussage des Katalogs zur Ausstellung „Karfunkelstein und Seide“ reihten sich im Hachinger Tal bronzezeitliche Siedlungsspuren entlang des Baches. Da wären es von den Keltenschanzen auf beiden Seiten des Gleißentals wieder etwas knapp unter 50 km bis zur Siedlung bei Bernstorf. Die „Karfunkelstein und Seide“-Ausstellung geht auf Funde im Hachinger Tal aus Gräbern aus der Zeit zwischen den Jahren 480 bis 520 zurück.

Keltenschanze / Viereckschanze im Laufzorner Holz

Abschließend ein zeitlicher und räumlicher Sprung zu den jungsteinzeitlichen Erdwerken im Braunschweiger Land als Beispiel für noch viel ältere Vernetzungen. Die Erdwerke werden im Braunschweiger Land allerdings in einem für die obigen Beispiele atypischen Zusammenhang mit einer Fernweidewirtschaft bzw. erhöhter Mobilität geprägten Wirtschaftsweise gesehen. Das ist aber vielleicht auch instruktiv, auf den hiesigen Wegen werden dann und wann auch größere Tierherden unterwegs gewesen sein.