Donnerstag, 17. Dezember 2009

Archäologische Hotspots

Bei dieser Buchbesprechung habe ich ein schlechtes Gewissen - der Ausflugsführer liegt schon seit Beginn der Ausflugssaison bei mir herum und jetzt ist die Ausflugssaison vorbei. Aber das Buch ist immer noch aktuell und wenn es gefällt, dann kann man es als Idee für ein Last-Minute-Weihnachtsgeschenk nehmen und über den Winter auf die neue Saison freuen.

Titel: „Archäologie erleben. 50 Ausflüge in die Vergangenheit.“
Herausgeber: André Wais, Tina Steinhilber und Karoline Müller.
Konrad Theiss Verlag 2009, 190 S., ca. 150 farb. Abb.,
Preis 21,90 €, ISBN 978-3806222760

Erschienen ist „Archäologie erleben“ anläßlich des 25jährigen Jubiläums der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ (AID). Zeitschrift, Autoren und Verlag sprechen für die Qualität und der Preis ist günstig. Es ist sogar mehr im Buch, als man von der Verpackung erwartet, denn bei über der Hälfte der 50 Ausflüge wird mehr als ein Ziel beschrieben. Oft Kombinationen von Museen und mehr oder weniger nahen im Freien zu besichtigenden Sehenswürdigkeiten.

Räumlich verteilen sich die Ziele über ganz Deutschland. Zeitlich liegt der Schwerpunkt zwischen Steinzeit und Antike. Pfahlbaumuseum Unteruhldingen, Lichtensteinhöhle, Kreisgrabenanlage Goseck, mehr als zehnmal Kelten und fast zwanzig Mal die Römer (wobei manche Ausflüge gleich mehrere Zeiten und Kulturen abdecken). Nach der Antike wird die Auswahl dünner: das Haithabu der Wikinger, das etwa zeitgleiche slawische Stammesheiligtum von Groß Raden, die Slavenburg Starigard (Oldenburg), die Bachritterburg Kanzach. Kaum auf seine Kosten kommt der mittelalterliche Steinburgenfreund: da finde ich gerade noch die Pfalz Karls des Großen in Paderborn und die Isenburg bei Hattingen.

Die Beschreibungen enthalten geschichtliche Hintergründe und touristische Hinweise. Viele stammen aus erster Hand, bspw. die zur Heuneburg von der dortigen Museumsleiterin und die der Keltenschanzen südlich von München von einem langjährigen Mitarbeiter des Denkmalamtes. Dennoch bleiben die zahlreichen Autoren im Buch sehr im Hintergrund. Auf Seite 188 findet sich eine tabellarische Übersicht mit Namen, akademischen Grad und vom Autor beschriebenen Ziel. Wenn ich mich richtig erinnere, dann geht aus der Autorenübersicht im gleichnamigen Vorgängerbuch zum 20jährigen AID-Jubiläum zusätzlich eine Zuordnung zur Institution hervor.

Das Vorgängerbuch war bis Anfang diesen Jahres im Buchhandel zu finden. Es ist von 2004, enthält 15 Seiten weniger, war drei Euro teurer, die Ziele scheinen mir nicht so gut über Deutschland verteilt zu sein wie im aktuellen Führer, sie liegen wie das schweizerische Augst auch mal ganz über der Grenze. Die Beschreibungen der Ziele sind in ihrer Länge uneinheitlicher als im neuen Buch. Manche sind sechs Seiten lang, andere kürzer und der Schlußteil enthält ganz kurz beschriebene Ziele.

Das neue Buch scheint mir hinsichtlich der Herstellung optimierter, die Ziele bekommen im Schnitt etwa zwei Seiten, zu einem Ausflug zusammengefaßte Doppel-/Mehrfachziele vier Seiten. Zu den Abweichungen bei einigen Zielen kommen dadurch auch Textabweichungen hinzu, bspw. ist der Text zur Heuneburg im neuen Buch deutlich gekürzt. Für einen niedrigen Preis würde ich das alte Buch zusätzlich antiquarisch erwerben, ansonsten stechen wohl die Überschneidungen und die nachlassende Aktualität.

Klar sollte sein, daß das Spannungsfeld aus einem mit vielen Zielen gut abgedeckten Deutschland in einem handlichen Buch zu einem günstigen Preis auch Nachteile mit sich zieht.

Wegen der zeitlichen und räumlichen Bandbreite erfährt man zwar noch viel über die Geschichte Deutschlands, die Texte sind aber in ihrem Zwei-Seiten-Raster inklusive Bildern recht kurz. Die Grenzwertigkeit fällt im Buch durch den Vergleich mit Kombinationen von Mehrfachzielen auf, wo sich ein Text bspw. zum archäologischen Fund auf drei Seiten noch ganz gut entwickeln kann und das zugehörige Museum entsprechend gekürzt wird.

An Karten wurde gespart. Unklar, ob es mehr das Platz- oder ein Aufwandsproblem war. Man stelle sich vor, über 50 Autoren melden ihre Kartenwünsche an.

Die kurzen Anreisebeschreibungen werden am Platzproblem liegen. Aufgefallen ist mir das sehr Auto-orientierte Schema beim Ausflug Aalen-Dalkingen mit dem Limesmuseum Aalen und dem Limespark Rainau. Nach meiner Erfahrung mit den Limes-Cicerones war für die Planung von Wanderungen gerade die gute im Buch unerwähnte Bahnverbindung der große Vorzug dieses Limesabschnitts verglichen mit der Strecke nach Norden durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald. Und Aalen und dessen Limesmuseum sind sowieso sehr gut per Bahn zu erreichen.

Fazit meiner Rezension: trotz der geäußerten Kritik würde ich dem Buch angesichts der für den Preis gebotenen Qualität fünf Sterne geben und es zum Kauf empfehlen. Neben der Qualität auf dem Weg bis zum Druck sind die Autoren mein Hauptargument für diese Bewertung. Deshalb bleibt für mich unverständlich, weshalb die nicht besser positioniert wurden.

Keine Kommentare: